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21.11.2016 23:12:38

Mittelbayerische Zeitung: Vernunft statt Extreme - Der Spitzenkandidat der Konservativen soll einen Sieg des Populismus verhindern. Von Christine Hochreiter

Regensburg (ots) - Der Brexit, die Trump-Wahl in den USA, das Durcheinander bei der Präsidenten-Kür in Österreich und nun auch noch Frankreich: Das politische Leben ist voller Überraschungen und die Wähler scheinen unberechenbarer denn je. Meinungsforscher hatten ihn unterschätzt, die Medien ebenso: Am Sonntag haben die Franzosen bei der ersten Runde einer Urwahl François Fillon zum Sieger gekürt. Damit sind die Chancen gestiegen, dass der Ex-Premier der Spitzenkandidat der Konservativen für die Präsidentschaftswahl wird
und dann im Mai 2017 auch in den Elysée-Palast einzieht. In Frankreich stehen die Signale auf Machtwechsel. Schon längst ist die "Grande Nation" gar nicht mehr so groß. Der Wirtschaft geht es nicht gut, die Arbeitslosenzahlen sind hoch und die schreckliche Terrorserie hat das Land und viele Bürger in den Grundfesten erschüttert. Die Politik hat bei der Integration der Einwanderer versagt. Migranten leben zum Großteil in Problemsiedlungen am Rande der Großstädte. Viele von ihnen: arbeits- und hoffnungslos, manche von ihnen: empfänglich für die Botschaften von Islamisten. Immer mehr Franzosen machen sich Sorgen, wie es mit ihrem Land weitergehen soll, und vermissen überzeugende Antworten der Regierenden. Die Folge: Der sozialistische Präsident François Hollande befindet sich tief unten im Umfrage-Keller. François Fillon, Ministerpräsident unter Präsident Sarkozy, überzeugte durch Erfahrung und Pragmatismus. Im Rennen um die Kandidatur hat er seinen ehemaligen Chef aus der Bahn gekickt. Damit ist dessen politische Karriere wohl endgültig beendet. Fillon hatte dem autokratisch-exaltierten Sarkozy fünf Jahre lang als Premierminister gedient und so manche Demütigung kassiert. Er geht nun als klarer Favorit in die Stichwahl mit dem Vorwahl-Zweiten Alain Juppé. Fillon ist kein Heißsporn. Er verkörpert vor allem zurückhaltende Berechenbarkeit. Wenn es nach den Republikanern geht, soll er im Frühjahr aber vor allem auch einen Sieg der rechtsextremen Front National und deren Chefin Marine Le Pen verhindern. Inwieweit es jedoch einem Protagonisten des alten Establishments gelingen kann, eine Gesellschaft die aus den Fugen geraten ist, wieder zu stabilisieren, ja zu einen, bleibt fraglich. Die hochkomplexe Welt ist nun einmal keine Spielwiese für simple Lösungen und es steht zu befürchten, dass populistische Phrasen auch in Frankreich auf fruchtbaren Boden fallen könnten. Es sei denn, auch für all die Abgehängten und Modernisierungsverlierer gibt es halbwegs überzeugende und medial transportierbare Angebote. Das dürfte zugegebenermaßen schwierig werden. In knapp zwei Wochen wird aber erst einmal in Österreich gewählt. Die große Frage lautet dort: Kann Norbert Hofer von der rechten FPÖ den farblos-knorrigen Ex-Parteichef der Grünen Alexander Van der Bellen schlagen? Letzterer jedenfalls hat sich nach dem Sieg von Donald Trump "Vernunft statt Extreme" zum Slogan erkoren. Ob das wirklich funktioniert? Brexit und Trump waren irgendwie das Gegenteil von Vernunft. Und selbst die deutsche Kanzlerin räumt inzwischen ein, "dass manche Menschen sich nicht mitgenommen fühlen". Ob in Deutschland, Großbritannien, den USA, Österreich oder Frankreich - in Zeiten von Globalisierung, Terror und immer weiter auseinander driftenden Gesellschaften wird und kann es keine Patentlösungen geben. Vielleicht aber eine Politik, die wieder stärker auf die Menschen eingeht. Einer aktuellen Studie zufolge liebäugeln 63 Prozent der Franzosen mit populistischer Politik. In Frankreich ist bis zum Frühjahr noch Zeit, entsprechend gegenzusteuern.

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