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03.07.2013 21:20:31

Nach Ablauf des Militär-Ultimatums droht Ägypten Gewalt

    ISTANBUL/KAIRO (dpa-AFX) - Der Machtkampf in Ägypten hat sich dramatisch zugespitzt. Ein Berater des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi warf der Armee am Mittwoch vor, einen Putsch gegen die gewählte Regierung zu unternehmen. Auch nach Ablauf eines Ultimatums der Militärs an Regierung und Opposition, einen Weg aus der Krise zu suchen, schloss Mursi erneut einen Rücktritt aus. Er wiederholte das Angebot, eine Koalitionsregierung zu bilden. In Kairo und anderen Städten versammelten sich Hunderttausende - Unterstützer und Gegner Mursis - in aufgeheizter Stimmung.

    Mursi-Berater Essam al-Haddad, zuständig für Außenpolitik, schrieb auf seiner Facebook-Seite: "Lassen Sie uns das, was geschieht, bei seinem richtigen Namen nennen: Militärputsch." Hunderttausende hätten sich versammelt, um Demokratie und Präsidentschaft zu unterstützen, und würden nicht weichen. "Um sie wegzubewegen, wird Gewalt nötig sein." In jedem Falle werde es "beträchtliches Blutvergießen" geben, warnte al-Haddad.

    Nach Ablauf des Militär-Ultimatums war die Armee mit Panzern ausgerückt. Nach Angaben von Augenzeugen fuhren Militärfahrzeuge in der Hauptstadt Kairo und in anderen Städten durch die Straßen. Die staatliche Zeitung "Al-Ahram" berichtete, die Panzer seien ausgefahren, "um in den nächsten Stunden Gewaltakte zu verhindern, die die nationale Sicherheit bedrohen könnten".

    Nach offiziell unbestätigten Angaben aus Kreisen des Flughafens in Kairo verhängten ägyptische Behörden ein Ausreiseverbot gegen Präsident Mursi. Davon betroffen waren den Angaben zufolge auch führende Mitglieder der Muslimbruderschaft, aus der Mursi stammt.

    Die Armee hatte zuvor führende Vertreter aller Seiten zu einer Krisensitzung eingeladen, um doch noch eine politische Lösung zu vermitteln. Die Partei der Muslimbruderschaft nahm nicht teil. Eingeladen waren auch Oppositionsführer Mohammed ElBaradei. Anschließend sollte eine Erklärung veröffentlicht werden, die aber bis zum Abend auf sich warten ließ.

    Außenminister Guido Westerwelle äußerte sich besorgt über die Entwicklung. "Wir appellieren an alle Beteiligten, den Weg in Richtung Demokratie fortzusetzen, auf Gewalt zu verzichten und auf Dialog zu setzen", sagte er nach Gesprächen mit seinem griechischen Amtskollegen Evangelos Venizelos in Athen. Auch das amerikanische Außenministerium zeigte sich besorgt und forderte ein Ende der Gewalt.

    Das Militär hatte dem Staatsoberhaupt bis zum Nachmittag Zeit gegeben, einen Ausweg zu finden, etwa durch vorgezogene Präsidentschaftswahlen. Hunderttausende Menschen haben in den vergangenen Tagen immer wieder für einen Rücktritt Mursis demonstriert.

    Bei Krawallen und Schießereien kamen mindestens 22 Menschen ums Leben. Die Polizei nahm derweil Leibwächter des Vorsitzenden der Muslimbrüder, Mohammed Badia, wegen des Tragens von Waffen ohne Lizenz fest.

    Der Sprecher der Muslimbruderschaft, Gehad al-Haddad, twitterte, dass die Partei der Muslimbrüder zwar zur Krisensitzung eingeladen worden sei, aber an dem Treffen nicht teilnehme. Das Militär sei kein politischer Akteur und damit nicht in der Position, solche Verhandlungen zu führen. Er betonte zugleich: "Der einzige Plan, den die Menschen angesichts eines Putschversuchs haben, ist, sich vor die Panzer zu stellen." Die Opposition forderte die Festnahme Mursis.

    Die ägyptische Zentralbank ordnete laut Staatsfernsehen die Schließung aller Geldinstitute im Land an. Am Donnerstag sollen sie aber mehrere Stunden wieder öffnen.

    Seit mehreren Tagen erschüttern massive Proteste für und gegen Mursi das Land. Die Armee kündigte in der Nacht über das soziale Netzwerk Facebook an, sie kämpfe gegen die, die das Volk verängstigten. Sie werde Terroristen und Extremisten bekämpfen und ihr Blut für Ägypten opfern.

    Die Protestbewegung kritisiert den Präsidenten wegen seines autoritären Führungsstils, einer fortschreitenden Islamisierung im Land und auch wegen einer dramatisch verschlechterten Wirtschaftslage. Mursis Anhänger sehen die Krise als ideologischen Machtkampf - für oder gegen den Islam. Seit Sonntag ist Mursi ein Jahr im Amt. Die Muslimbruderschaft war sowohl aus der Parlaments- als auch der Präsidentenwahl als stärkste Kraft hervorgegangen./cy/DP/he

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