21.02.2014 20:33:00
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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Ukraine Weiter Weg zur Lösung CARSTEN HEIL
Bielefeld (ots) - In Zeiten schwerer innenpolitischer Krisen sind
die europäischen Tugenden besonders gefragt: verhandeln, Kompromisse
suchen, die Rechte von Minderheiten anerkennen, für den Ausgleich von
Interessen sorgen, grundsätzlich auf Gewalt verzichten. In der
Ukraine ist die Situation mit "schwerer innenpolitischer Krise" nur
unzureichend beschrieben, das Land steht am Rande eines Bürgerkriegs
und vor der Spaltung, die Gewalt ist in einer unkontrollierten Orgie
ausgebrochen. Auch wenn gestern leichte Entspannung zu verzeichnen
war. Die Zustände auf dem Maidan sind nach wie vor unerträglich, und
beide Seiten karren aus anderen Landesteilen weitere Unterstützer
oder sogar Kämpfer mit Bussen heran. Das lässt Schlimmes befürchten,
wenn es nicht bald zu einer wirklichen Einigung kommt. Auf dem Boden
des geografischen Europas hat es seit den Balkankriegen Mitte bis
Ende der 90er Jahre solche Exzesse nicht mehr gegeben. Deshalb ist es
auf den ersten Blick richtig, dass drei europäische Außenminister
nach Kiew gereist sind, um zwischen der Regierung und der Opposition
zu vermitteln. Es ist richtig, dass sie auf die genannten
europäischen Tugenden verweisen. Und erste Erfolge geben ihnen recht.
Leider ist Europa jedoch auch zum Machtfaktor und Vertreter eigener
Interessen in der Ukraine geworden. Europa ist in Kiew Gegenspieler
Russlands. Die Lage erinnert an die Stellvertreterkriege auf anderen
Kontinenten zur Zeit des Eisernen Vorhangs. Die Rolle als "ehrlicher
Makler" ist für Europa nur schwer auszufüllen. Um zu einer
zielführenden Vermittlung zu kommen, müssten zunächst Europa und
Russland auf eigene Interessen verzichten und dann gemeinsam handeln.
Moskau muss auf den Machtapparat von Präsident Janukowitsch mäßigend
einwirken, die Europäer auf die Demonstranten. Doch das Gegenteil
scheint der Fall, Moskau verlangt "Ordnung" in Kiew. Koste es, was es
wolle. Hoffnung machte am Abend, dass es für Oppositionspolitikerin
Julia Timoschenko jetzt die Chance auf Freiheit gibt. Eine Lösung des
Konflikts ist das noch nicht, aber ein richtiger Schritt. Schon ohne
die Einflüsse von außen drohen die Fliehkräfte die Ukraine in mehr
als nur zwei Teile zu zerreißen, was auch eine Folge ihrer in großen
Teilen europäischen Geschichte ist. Auf europäischer Seite erwachen
schnell Sympathien für die Regierungsgegner. Nicht zuletzt wegen des
in Westeuropa gut bekannten Ex-Boxweltmeisters Klitschko. Viele
Oppositionelle kämpfen und sterben in der Tat für europäische Werte.
Aber unter ihnen sind auch gewalttätige Nationalisten, mit denen sich
eine Demokratie nicht gemein machen darf. Unreflektierte Sympathie
ist fehl am Platz, Gewalt geht nicht nur vom menschenverachtenden
Regime Janukowitsch aus. Eigentlich wäre es vornehmste Aufgabe der
UNO, in solchen Konflikten zu vermitteln. Sie müsste auf eine Art
Föderation hinwirken. Eine einige Ukraine mit teilautonomen Regionen;
der Osten Richtung Russland, der Westen zur EU orientiert. Doch geben
auch in New York die konkurrierenden Parteien den Ton an, und der
amtierende Generalsekretär Ban Ki Mun ist zu schwach, eine eigene
Rolle zu übernehmen.
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