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21.09.2014 18:37:58

neues deutschland: Utopie und Sozialdemokratie

Berlin (ots) - »Wenn die Sozialdemokratie nach einem utopischen Überschuss sucht, dann findet sie ihn in dem großen Ziel, den Kapitalismus zu zivilisieren«, so hat es der Historiker Jürgen Kocka einmal formuliert - und das war kein Kommentar über vergangene Zeiten, sondern ganz aktueller Ratschlag. Die SPD neigt derzeit nicht dazu, ihn zu befolgen. Ob das eine Frage des Unvermögens oder des Unwillens ist, bildet ein Jahr nach der Bundestagswahl des Pudels Kern: Als was will sich eine Partei verstehen, die zu lange zu wenig utopischen Überschuss erkennen ließ dafür aber umso mehr Bereitschaft, sich unter das Joch angeblicher Sachzwänge zu begeben? Der Hinweis auf den 25-Prozent-Turm, in dem die SPD ja nicht von irgendwem eingesperrt ist, sondern sich selbst in Gefangenschaft hält, ist dabei nur die eine Seite. Natürlich, wer auf dem parteipolitischen Parkett spielt, will in Wählerstimmen ausgezahlt werden. Die Frage nach dem künftigen Kurs der Sozialdemokraten ist aber auch eine nach der Zukunft der Idee, für die sie einst stand: als jener Teil der gesellschaftlichen Linken, die trotz Bemühungen zur Zivilisierung des Kapitalismus durch Reformen nicht den Anspruch hat fallen gelassen, über ihn hinauszugehen. Schafft die SPD eine Rückbesinnung? Skepsis fällt hier leicht. Häme sollte man sich aber sparen - nicht nur, weil andere linke Parteien vom Stillstand der Sozialdemokraten kaum profitieren. Es ist eine Frage praktizierbarer Alternativen überhaupt. Ohne die SPD wird es auf absehbare Zeit keine Antworten geben. Mit dieser aber auch nicht.

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