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Unter Wasser - oder obenauf 08.02.2015 15:00:01

Ölpreis-Debakel: Die Gewinner und Verlierer

von S. Bauer u. K. Schachinger, Euro am Sonntag

Für Aktionäre klang das erfreulich: Gleich um ein Viertel will Schlumberger, der weltgrößte Ausrüster der Öl- und Gasindustrie, die Quartalsdividende im April anheben. Bei näherer Betrachtung entpuppte sich die Dividendenerhöhung jedoch als Manöver, das den Schein wahren soll. Denn statt sprudelnder Gewinne meldete der Marktführer einen Einbruch beim Ergebnis im jüngsten Quartal um 80 Prozent.

Die Mitarbeiter spüren die raue Wirklichkeit jetzt schon, 9.000 Beschäftigte müssen gehen. "In Erwartung sinkender Aufträge 2015 haben wir uns entschlossen, die Belegschaft abzubauen, um sie an das erwartete Umfeld anzupassen", hieß es lapidar vom Management.

Das Umfeld sorgt für Schlagzeilen: Seit vergangenem Sommer ist die Notierung für das 159-Liter-Fass der Sorte Brent von 115 Dollar im Juni auf aktuell knapp 50 Dollar gefallen. Integrierte Ölkonzerne wie spezialisierte Förderer rechnen mit gewaltigen Einbußen. Allein beim US-Branchenriesen Exxon wird 2015 ein Umsatzeinbruch von rund 100 Milliarden Dollar erwartet.

Doch keines der großen Förderländer ist bereit, die Produktion zu reduzieren. Die Ölgiganten des Mittleren Ostens, allen voran Saudi-Arabien, pumpen was das Zeug hält - wie auch die neue Ölgroßmacht USA. Die Nachfrage ist gedämpft: Die Internationale Energiebehörde IEA hat ihre Nachfrageprognose für Europa und Asien jüngst reduziert. Täglich werden weltweit rund 1,5 Millionen Barrel Öl zu viel gefördert, die Ware teils auf Tankern gelagert.

Glaubt man den Prognosen der Analysten, dann ist so bald keine Erholung bei den Preisen in Sicht. Jüngst senkte die US-Bank Goldman Sachs, die für ihre Expertise im Rohstoffsektor bekannt ist, ihre Prognose bis Sommer um die Hälfte. WTI steht demnach Ende Juni bei 40 Dollar, die Nordsee-Sorte Brent bei 42 Dollar pro Barrel. Die Bank of America sieht die Brent-Notiz bis Ende März gar in der Nähe der 30-Dollar-Marke.

Sparen, sparen, sparen

Fraglich ist dennoch, wie lange die Tauchfahrt der weltweit wichtigsten Rohstoffnotierung anhält. Optimisten vergleichen die Situation mit den Krisenjahren 2008 und 2009. Damals erholte sich der Preis rasch. Die US-Bank Morgan Stanley aber sieht die historische Parallele eher in der etwa fünf Jahre anhaltenden Ölpreisbaisse der 1980er-Jahre.

Einschnitte - das dürfte der Begriff sein, der die künftigen Maßnahmen in der Branche am besten trifft. Der US-Ölkonzern Chevron legte gerade das gesamte Investitionsbudget für 2015 auf Eis. Die britische BP kündigte an, alle Gehälter einzufrieren. Die Zahl der Entlassungen in der Industrie liegt schon jetzt über 30.000. "Beim Personal, bei den Investitionen, den Serviceausgaben, den Gewinnen, den Kreditratings - überall wird gekürzt", sagt Analyst Fred Lucas von der US-Bank JP Morgan.

Das Analysehaus Cowen & Co taxiert das Minus bei den Investitionen in der Branche auf mindestens 116 Milliarden Dollar - vorläufig. Den Sparzwang bekommen Ausrüster und Dienstleister, die die Ölquellen im Auftrag der großen Konzerne erschließen, am heftigsten zu spüren. Bei Schlumberger oder der amerikanischen Halliburton etwa schlagen die Stornos der Ölriesen ein. Die Gewinne stürzen ab. Die Aktien mit.

Spezialisten wie Seadrill oder Transocean, die sich auf die Erschließung von Quellen in der Tiefsee und damit auf ein sehr teures Segment konzentrieren, trifft es ebenfalls hart. Im November gab Seadrill bekannt, die Dividende aus Kostengründen zu streichen. Zuvor hatte die Aktie schon stark gelitten. Seitdem hat sich der Kurs des Papiers nochmals mehr als halbiert.

Die großen, integrierten Unternehmen wie Exxon, Shell oder BP haben viel mehr Projekte und können ihre Kosten weitaus besser kontrollieren. Zudem verfügen die "Majors" über hohe finanzielle Ressourcen. Zur großen Erleichterung der Vorstände verzeichnen die Riesen im Raffineriegeschäft sogar höhere Gewinnmargen, weil der Ölpreis hier ein Kostenfaktor ist.

Viele institutionelle Anleger mögen die Multis wegen dieser Stabilität - und wegen ihrer hohen Dividendenrenditen. Mit der Dauer der Ölbaisse steigt jedoch die Gefahr, dass die Energieriesen ihre Ausschüttungen nicht mehr stemmen können. "Derzeit lautet die Frage: Können sich die Konzerne die Dividenden leisten? Bald schon könnte sie lauten: Wie tief werden die Einschnitte sein?", sagt Analyst Lucas.

Die Kleinen trifft es schon jetzt. Österreichs OMV etwa kündigte vor Kurzem an, Investitions- und Förderpläne einzudampfen. Daneben rechnet JP Morgan bereits für 2014 mit ­einer Senkung der Dividende. Auch die norwegische Statoil zählt wegen ihres Schwerpunkts bei der Förderung zu den Wackelkandidaten. Und sogar Frankreichs Total, einer der weltweit fünf größten Ölkonzerne, könnte wegen des großen Russland-Geschäfts die Ausschüttung für 2015 kürzen.

Exxon gab soeben bekannt, dass die Ausschüttung konstant bleibt. Auch Royal Dutch steht noch wie ein Fels in der Brandung. "Unsere Dividende ist eine Ikone. Wir tun alles, um sie zu halten", sagte Ben van Beurden, Chef des britisch-niederländischen Konzerns. Die Investitionen bis 2017 müssen allerdings um 15 Milliarden Dollar schrumpfen.

Wo die Sonne scheint

Unternehmen, die Öl verbrauchen und nun billiger einkaufen können, zählen hingegen zu den Gewinnern. Beispiel Kreuzfahrtbranche: Schiffsdiesel macht rund ein Fünftel der Betriebskosten einer Flotte aus. So dürfte die weltweite Nummer 2, Royal Caribbean Cruises (RCC), nach Schätzungen der Berenberg Bank im laufenden Jahr allein durch die günstigen Dieselpreise 15 Prozent mehr verdienen. Bis 2017 will der Konzern sowohl die Kapitalrendite als auch den Gewinn pro Aktie verdoppeln.

Im November schickten die Amerikaner mit der "Quantum of The Seas" das weltweit drittgrößte Kreuzfahrtschiff der Welt auf Jungfernfahrt in die Karibik. Fans mögen neue Schiffe besonders gern, die Reeder fahren deshalb mit frisch getauften Riesen die höchsten Renditen ein. Die "Quantum of The Seas" wurde zudem zu einem besonders günstigen Zeitpunkt vom Stapel gelassen: Vor allem die Kreuzfahrt-verliebten Amerikaner haben auch wegen der niedrigen Benzinpreise gerade viel Geld für Reisen zur Hand.

"In Kombination mit steigenden Einkommen durch das robuste Wachstum der US-Wirtschaft sollten die Renditen mit Kreuzfahrten in der Karibik deutlich zulegen", sagt Analyst Stuart Gordon von der Berenberg Bank. Vom Kreuzfahrt-Boom profitieren auch Aktionäre des größten europäischen Reisekonzerns TUI: Die Hannoveraner sind über TUI Cruises, ihr Joint Venture mit Royal Caribbean, an Bord.

Mit erheblicher Verzögerung kommt der Aufwind durch niedrige Spritpreise indes in der Luftfahrtbranche an - obwohl der Treibstoff für Jets im Branchendurchschnitt bis zu einem Drittel der Betriebsausgaben einer Flotte ausmacht.

Das Problem: Um erhebliche Kostenschwankungen durch den Ölpreis zu vermeiden, sichern Airlines in der Regel einen Großteil ihres künftigen Kerosinbedarfs durch lang­fristige Lieferverträge ab. Europäische Konzerne betreiben dieses sogenannte Hedging in großem Umfang. Die Lufthansa und der Billigflieger Ryanair etwa schlossen zuletzt für 79 beziehungsweise 90 Prozent ihres Kerosinbedarfs Verträge ab.

Davon, dass Ryanair eher kein kurzfristiger Gewinner der niedrigen Ölpreise ist, lenkt Firmengründer Michael O’Leary unterdessen geschickt ab: Der Chef wirbt lieber mit den Perspektiven für 2016. "Wir haben uns bei einem Ölpreis von 93 Dollar abgesichert. Gegen Ende des Jahres wird der günstige Ölpreis voll durchschlagen. Wir werden das über die Preise an unsere Kunden weitergeben", trommelt der für markige Sprüche bekannte Ire.

In den USA sieht das ganz anders aus. Hier hedgen Fluggesellschaften im Schnitt rund 40 Prozent ihres künftigen Spritbedarfs. Als größter Profiteur der niedrigen Rohstoffpreise gilt American Airlines. Allein im laufenden Jahr spart der Konzern laut eigenen Angaben fünf Milliarden Dollar und verdoppelt voraussichtlich den Gewinn - weil die Airline auf Absicherungsgeschäfte beim Kerosin komplett verzichtet.

Günstiger Sprit für gelbe Wagen

Auch die Logistikbranche gilt als Gewinner. Die Lieferanten profitieren schon jetzt vom Boom bei Onlinebestellungen. Weil Konsumenten ihrerseits an Ausgaben für Benzin sparen, wird das Geschäft zusätzlich angekurbelt. Und die eigenen Fahrzeuge können die Logistiker günstiger betanken.

Bei vielen Unternehmen greift die Logik allerdings nicht, weil die Konkurrenz stark ist und niedrigere Kosten an Kunden weitergegeben werden. "Um diesen Effekt in höhere Margen umzusetzen, fehlt vielen Logistikkonzernen die Preismacht", sagt UBS-Analyst Alexander Stihler.

Eine Ausnahme dürfte die Deutsche Post sein. Der große Trumpf des Gelben Riesen aus Bonn ist seine dominierende Position im deutschen Paketmarkt: 30 Prozent des Gesamtmarkts haben die Rheinländer in der Hand. Beim Geschäft mit Privatkunden ist es sogar die Hälfte.

Günstig für den Konzern, dass die Konsumlaune der Deutschen gerade so gut ist wie seit 13 Jahren nicht - das hat die Nürnberger GfK soeben festgestellt. Schon jetzt verschicken die Deutschen weltweit die meisten Pakete. Analysten trauen der Tochter DHL fünf bis zehn Prozent Zuwachs beim jährlichen Paketvolumen zu. Da machen sich günstige Spritpreise besonders gut.

Investor-Info

Royal Dutch Shell
Fels in der Brandung

Der britisch-niederländische Konzern zählt wie Exxon, Chevron, BP und Total zu den fünf "Majors", den weltweit größten Ölkonzernen. Royal Dutch macht den Großteil des Umsatzes im sogenannten Downstream-Geschäft mit Ölprodukten wie Benzin. Deshalb ist das Geschäft vergleichsweise stabil. Die Gewinne blieben im Quartal aber hinter den Erwartungen zurück. Die Dividende ist stabil. Halten.

Royal Caribbean Cruises
Auf großer Fahrt

Nach der Kursrally 2014 sind Gewinnmitnahmen, wie aktuell nach den Quartalszahlen, keine Überraschung und Einstiegschancen für Anleger. Wegen des starken Dollars fiel das vierte Quartal etwas schwächer als erwartet aus. Für 2015 und 2016 erwarten Analysten Gewinnsteigerungen von 37 und 25 Prozent. Royal Caribbean erhöhte seine Gewinnprognose für 2015. Langfristig aussichtsreich.

American Airlines
Auf Rekordkurs

American Airlines, seit der Fusion mit US Airways Ende 2013 mit rund 1.500 Jets und 6.500 Flügen täglich die größte Fluggesellschaft der Welt, fliegt auf Rekordkurs. Wegen des niedrigen Ölpreises spart der Konzern 2015 voraussichtlich fünf Milliarden Dollar. Das entspricht mehr als zehn Prozent des Umsatzes. Damit sollte sich der Gewinn verdoppeln. Mit einem KGV von unter sechs günstig.

Deutsche Post
Weltmarktführer

Die Nummer 1 in der weltweiten Logistikbranche profitiert vor allem in Deutschland vom boomenden Onlinehandel. In Asien sind die Bonner stärker als die US-Konkurrenten UPS und Fedex und profitieren dort vom Wirtschaftswachstum. Der niedrige Ölpreis gibt Rückenwind. Nicht mehr billig. Aber langfristig aussichtsreicher Dividendenwert.

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Analysen zu FedEx Corp.mehr Analysen

17.10.24 FedEx Overweight JP Morgan Chase & Co.
20.09.24 FedEx Overweight Barclays Capital
20.09.24 FedEx Buy UBS AG
20.09.24 FedEx Buy Goldman Sachs Group Inc.
04.09.24 FedEx Overweight JP Morgan Chase & Co.
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