16.03.2022 20:10:38

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Alternativlos, Kommentar zum Fed-Zinsentscheid von Mark Schrörs

Frankfurt (ots) - Die Zinswende in den USA ist da. Fed-Chef Jerome Powell und

die Seinen haben ihren Worten Taten folgen lassen und erstmals seit Dezember

2018 ihren Leitzins erhöht. Fast auf den Tag genau zwei Jahre lang hatte er nun

bei de facto null gelegen. Inmitten des Ukraine-Kriegs mag die Zinswende manchem

zur Unzeit kommen; die Sorgen vor einem Abwürgen der Konjunktur nehmen zu. Die

Fed hat(te) aber keine Wahl. Längst steht ihre Glaubwürdigkeit auf dem Spiel.

Dass die Fed nun ausgerechnet in Zeiten extremer Unsicherheit einen

Zinserhöhungszyklus startet, ist der Preis dafür, dass sie der hohen Inflation

viel zu lange zugeschaut und später geldpolitisch eher zögerlich gegengesteuert

hat. Selbst als 2021 die Signale für eine hartnäckig hohe Teuerung immer

eklatanter wurden, hielten die US-Notenbanker lange unbeirrt am Narrativ einer

nur "vorübergehend" hohen Inflation fest. Diese grandiose Fehleinschätzung

dürfte als einer der größten Fehler der Fed-Geschichte in Erinnerung bleiben.

Und nach der Kehrtwende kam die Politikwende sehr graduell. Noch im Februar, als

die Verbraucherinflation mit 7,9 % ein 40-Jahres-Hoch erreichte, kaufte die Fed

für viele Milliarden Dollar Anleihen auf. So hat sie die ohnehin exzessive

Nachfrage in den USA nur weiter befeuert.

Für die Fed geht es jetzt darum sicherzustellen, dass die Inflation nicht

vollends außer Kontrolle gerät. Selbst die Kernrate ohne die viel beschworenen

Energiepreise und die Lebensmittelpreise liegt bei 6,4 %. Die

Inflationserwartungen sind noch nicht aus dem Ruder gelaufen. Das Risiko, dass

eben das passiert, ist aber hoch und steigt. Natürlich kann es helfen, wenn, wie

jetzt oft gefordert, die Struktur- und Fiskalpolitik durch angebotsseitige

Maßnahmen etwa Lieferengpässe überwinden oder mildern hilft. Preisstabilität

bleibt aber die originäre Verantwortung der Fed. Das gilt auch und vor allem bei

einem stagflationären Schock.

Wie schnell und weit die Fed nun mit den Zinserhöhungen gehen kann, hängt

maßgeblich von der Entwicklung in der Ukraine ab. Die Fed muss da ohne Frage

flexibel bleiben. Vieles spricht aktuell aber dafür, dass es perspektivisch

mindestens in Richtung des neutralen Zinses von rund 2,5 % gehen sollte. Das ist

noch ein weiter Weg.

Die heikle Lage der Fed sollte auch der EZB Mahnung sein. Es bringt nichts,

Inflationsgefahren auszublenden. Dann droht die spätere Kehrtwende nur umso

abrupter und folglich gefährlicher zu werden. Besser ist es, nicht allzu lange

zu warten und dafür einen allmählichen Ausstieg hinzubekommen. Auch im Euroraum

sollte die Zinswende also nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt werden.

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