26.05.2014 20:48:47
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Börsen-Zeitung: Affront National, Kommentar zur Europawahl von Detlef
Fechtner
Frankfurt (ots) - Nigel Farage, Parteichef der britischen
Unabhängigkeitspartei, ist ein ziemlicher Dampfplauderer. Allerdings
hat er nach Schließung der Wahllokale einen überzeugenden Punkt
gemacht. Er erkenne nicht, dass sich im EU-Parlament kurzfristig
vieles ändern werde - wohl aber in der Politik einiger nationaler
Regierungen. In der Tat dürften die etablierten Fraktionen
verkraften, dass sie sich künftig den Plenarsaal mit mehr
Europagegnern als bisher teilen müssen. Auf die politischen
Ergebnisse des Parlaments wird das erst einmal nur bedingt
Auswirkungen haben. Schließlich bringen es die Fraktionen, die
eindeutig für eine einflussreiche EU sind, auch künftig auf mehr als
zwei Drittel der Stimmen. Weder Bankenunion noch Datenschutzrecht
oder Klimaziele werden an diesem neuen EU-Parlament scheitern. Zumal
die europaskeptischen Parteien sehr unterschiedliche Ziele verfolgen
- und etwa Gegner europäisch vereinbarter Sparpolitik nichts gemein
haben mit Rechtsextremen. So dürfte sich einmal mehr bewahrheiten,
dass es keine Internationale der Nationalen gibt - dass sich also
nationalistische Gruppierungen mit europäischen Schulterschlüssen von
Natur aus schwertun.
Moment! Damit lassen sich die Erfolge der Skeptiker und Gegner der
EU aber noch nicht abhaken. Denn in mindestens drei Ländern kommen
die Regierungen schwer unter Druck. Das Abschneiden Marine Le Pens in
Frankreich ist ein Affront National für die Regierung, die zuletzt
bereits mit isolierten Attacken, etwa in Richtung EZB, an
Berechenbarkeit eingebüßt hat. In Großbritannien ist die gepflegte
Abneigung gegenüber der EU zwar kein neues Phänomen. Es gewinnt aber
wegen des - vielleicht ja schon schneller als geplant -
näherrückenden Termins des Referendums über den EU-Verbleib an
Sprengkraft. Nicht auszuschließen, dass die EU in vorauseilender
Rücksichtnahme demnächst Entscheidungen verzögert. So etwas muss
nicht, aber kann Probleme verstärken. Und Griechenland? Man mag
Tranchen splitten und trickreiche Methoden austüfteln, damit das Land
nicht pleitegeht. Falls aber Athen irgendwann kategorisch ablehnt,
mit der Troika Vorgaben auszuhandeln, müssen die Euro-Partner das
Land finanziell fallen lassen.
Die nationalen Entwicklungen werden über Bande natürlich nach
Brüssel rückwirken. Insofern wird die Skepsis vieler Menschen
gegenüber der Staatenunion, die sich in der Wahl erneut offenbart,
doch etwas verändern. Erst im Rat. Und irgendwann auch im nicht mehr
ganz so europäischen Parlament.
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