27.01.2017 20:02:40

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Börsen-Zeitung: Black Box Weißes Haus, Marktkommentar von Christopher

Kalbhenn

Frankfurt (ots) - Am Mittwoch war es so weit: Die Händler im

Handelssaal der New Yorker Börse durften endlich ihre schon Wochen

zuvor hergestellten Kappen mit dem Aufdruck "Dow 20.000" aufsetzen.

Es dauerte auch nicht lange, bis das historische Ereignis mit einem

Tweet aus dem Weißen Haus kommentiert wurde: "Great!" Donald Trump

wird es gewiss nicht an dem notwendigen Selbstbewusstsein fehlen, die

Überwindung der magischen Indexmarke seinem eigenen Wirken

zuzuschreiben, und es wäre ihm auch überhaupt nicht zu widersprechen.

Noch nie hat ein neu gewählter Staatslenker die globalen Finanzmärkte

assetübergreifend derart beeinflusst bzw. in Wallung versetzt, wie

dies dem neuen US-Präsidenten gelungen ist.

Zuletzt haben die Aktienmärkte wieder einen Gang zurückgeschaltet.

Ob dies nun eine Stimmungsabkühlung ist, zu der die per Twitter

kommunizierte Ausladung des mexikanischen Präsidenten Peña Nieto oder

das von Trump gepriesene Waterboarding beigetragen haben, ein ganz

normales Marktverschnaufen oder eine Kombination aus beidem, wird

sich wohl kaum ermitteln lassen. Fakt ist aber, dass das Weiße Haus

für die Marktteilnehmer durch die völlige Unberechenbarkeit Trumps zu

einer Black Box mutiert ist. Für die Investoren heißt das, dass in

den kommenden Wochen und Monaten an den Aktienmärkten alles möglich

ist, eine anhaltende Hausse oder auch eine Korrektur.

Das Gewirr aus potenziell positiven Impulsen, die derzeit im

Vordergrund stehen und am Markt gespielt werden, und nicht

unerheblichen Risiken macht offensive Positionierungsentscheidungen

zu einem Glücksspiel. Alles auf die Reflation und damit Rotation raus

etwa aus Anleihen in Aktien und aus Wachstums- in Substanzaktien zu

setzen oder aber ausgeprägt defensiv vorzugehen wäre wie eine

Entscheidung zwischen Rot oder Schwarz am Roulette-Tisch. Nur eine

Wette scheint eine gewisse "Sicherheit" zu haben: Die derzeit sehr

niedrige Volatilität wird nicht lange erhalten bleiben.

Die kaum berechenbare Lage spiegelt sich in den Ausblicken von

Analysten, Strategen und Investoren deutlich wider. An den Folgen von

Trump für die Aktienmärkte und deren Aussichten scheiden sich die

Geister, es sind enthusiastische ebenso wie ausgeprägt skeptische

Ausblicke zu finden.

Zur "bullishen" Schule zählt etwa Fondsmanager Till Budelmann, der

den Berenberg Systematic Approach - US-Stockpicker Fund verwaltet.

Seiner Meinung nach sind die hohen KGV-Bewertungen am US-Aktienmarkt

nicht besorgniserregend. Neben fehlenden Anlagealternativen aufgrund

des Niedrigzinsumfelds begründet er dies mit den

Unternehmensgewinnen, die seiner Einschätzung nach von einem von

Trump befeuerten Wachstumsschub profitieren werden. "Jetzt beginnt

der Übergang vom zinsgetriebenen Bullenmarkt zu einem von

Unternehmensgewinnen getriebenen Bullenmarkt", so Budelmann, der mit

einem Anstieg der US-Gewinne je Aktie in diesem Jahr um 8% bis 10%

rechnet. Auch spricht nach seiner Einschätzung die Stimmungslage für

US-Aktien. Seit der US-Wahl habe sich die Anlegerstimmung verbessert.

Von Hochstimmung könne aber keine Rede sein. "Wir sind noch lange

nicht in der letzten Phase eines Bullenmarkts, in der die Stimmung in

Euphorie umschlägt und der Markt oft nach oben überschießt."

Ganz anders beurteilt z.B. MFS die Aussichten. Der US-Assetmanager

hält die Bewertungen für problematisch und glaubt nicht an deutlich

steigende Gewinne. Durch die jüngsten Kursgewinne seien die hoch

bewerteten US-Aktien noch teurer geworden. Um die aktuellen Kurse zu

rechtfertigen, müssten die Unternehmensgewinne daher kurzfristig

deutlich steigen. Das scheine angesichts der starken

Dollar-Aufwertung, der höheren Zinsen und der höheren Energiepreise

aber unwahrscheinlich. Die Marktteilnehmer hätten vor allem die

positiven Aspekte von Trumps recht allgemein gehaltenen Vorschlägen

registriert - wie Steuersenkungen und Deregulierung. Die möglichen

Probleme durch andere Ideen - wie eine massive Einschränkung der

Einwanderung und des Welthandels - seien ignoriert worden.

Enttäuschungen seien programmiert.

Auch teilt er nicht die Auffassung, dass die Stimmungslage

unproblematisch sei. Die Investoren seien viel optimistischer

geworden. Dies schlage sich in Indikatoren wie dem Index der American

Association of Individual Investors und dem Consensus Bullish

Sentiment Index nieder. Weil ein ausgeprägter Optimismus der

Investoren oft ein Kontraindikator sei, müsse man diese Art von

Euphorie genau im Blick behalten. (Börsen-Zeitung, 28.1.2017)

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