25.08.2016 20:36:39

OTS: Börsen-Zeitung / Börsen-Zeitung: Depesche aus Washington, Kommentar zum ...

Börsen-Zeitung: Depesche aus Washington, Kommentar zum Thema

Steuervermeidung von Detlef Fechtner

Frankfurt (ots) - Die unaufgeforderte Beteuerung der Unschuld gilt

gemeinhin als erstes Lügensignal. Diese Lebensweisheit sollte man im

Hinterkopf haben, wenn man das jüngste Positionspapier des

US-Finanzministeriums liest. Die US-Regierung beteuert darin, die

Besorgnis der EU-Kommission wegen der Steuervermeidung von Konzernen

zu teilen. Wer es glaubt, wird selig! Denn wenn diese Konzerne

Amazon, Apple oder Starbucks heißen, hat Washington jede Menge

Beschwerden und Vorbehalte dagegen, dass EU-Wettbewerbshüter ernst

machen im Kampf gegen ausgebuffte Strategien zur Steuervermeidung.

Einige dieser US-Vorwürfe gegenüber Brüssel laufen ins Leere, etwa

dass US-Firmen benachteiligt würden. Es ist wohl eher so, dass gerade

US-Konzerne besonders dreiste Steuergestaltungen nutzen und deshalb

oft im Fokus stehen. Andere Vorwürfe sind wiederum ohne Jura-Examen

kaum zu beurteilen. Allerdings drängt sich die Frage auf, warum sich

das US-Finanzministerium in ein laufendes Wettbewerbsverfahren

einmischt. Denn sollten die Brüsseler Praktiken tatsächlich mit

internationalen Prinzipien kollidieren oder die Rechtssicherheit

gefährden, hätten Apple & Co. ja alle rechtlichen Möglichkeiten, sich

zu wehren. Dazu braucht es keine Depesche aus Washington.

Zugegeben, der Rückzahlbetrag an die Steuerbehörden, der auf Apple

zukommt, wenn die EU-Kommission in den nächsten Wochen eine

Entscheidung in dem Beihilfenfall fällt, wird happig ausfallen. Denn

auch wenn die EU-Behörde keine konkrete Vorgabe machen wird, dürfte

sich letztlich eine Milliardensumme ergeben. Allerdings sollte man -

bevor man das für unangemessen hoch erklärt - bedenken, dass es sich

ja nicht um eine Strafe handelt, die freihändig festgesetzt worden

ist, sondern um die Anordnung einer Rückzahlung. Anders ausgedrückt:

Die Summe ist nur deshalb so hoch, weil der Konzern die Steuerlast

durch listige Gestaltung zuvor so unglaublich stark reduziert hat.

Vieles deutet darauf hin, dass sich die US-Regierung gerade jetzt

noch einmal einzumischen versucht, weil die Wahlen vor der Tür

stehen. Da kommt es gewiss beim Wähler (und bei manchem

Parteispender) gut an, sich für heimische Unternehmen stark zu

machen. EU-Kommissarin Margrethe Vestager darf sich aber von

Beschwerden und Drohungen aus Übersee nicht irre machen lassen. Es

wäre jammerschade, wenn die USA mit dieser Form der

Depeschen-Diplomatie Erfolg hätten und es ihr gelänge, europäische

Wettbewerbsverfahren zu politisieren.

OTS: Börsen-Zeitung

newsroom: http://www.presseportal.de/nr/30377

newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung

Redaktion

Telefon: 069--2732-0

www.boersen-zeitung.de

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!