19.04.2016 20:39:39
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Börsen-Zeitung: Pötschs Versäumnis, Kommentar zu den VW-Boni von Claus
Döring
Frankfurt (ots) - Wer hat im VW-Konzern das Sagen? Sind es die
Eigentümer? Wenn ja, welche? Ist es der Vorstandsvorsitzende? Ist es
der Aufsichtsrat, das Präsidium oder der Aufsichtsratsvorsitzende?
Oder ist es der Betriebsratsvorsitzende? Diese Frage ist seit dem
Abgang von Ferdinand Piëch nicht mehr einfach zu beantworten. Das
zeigt sich seit Tagen an der Debatte um die Vorstandsboni, in der all
jene, die meinen, etwas zu sagen zu haben oder sagen zu müssen, dies
vorzugsweise öffentlich tun.
VW-Präsidiumsmitglied und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan
Weil hat vor einer Woche im Landtag eine Kürzung der Vorstandsboni
für 2015 als "deutliches Signal" gefordert. Präsidiumsmitglied und
Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh hat jetzt in einem Interview
mit der Forderung nach einem Boniverzicht nachgelegt. Offensichtlich
war die Mitteilung des Aufsichtsrats vor Wochenfrist, wonach
Aufsichtsrat und Vorstand sich einig seien, dass angesichts der
aktuellen Lage des Unternehmens ein Zeichen auch beim Thema
Vorstandsvergütung gesetzt werden müsse, vorauseilendes Wunschdenken.
Spätestens in der Aufsichtsratssitzung am Freitag soll nun die
Entscheidung fallen. Sie darf nur heißen: völliger Verzicht aller
Vorstandsmitglieder auf Boni für 2015. Alles andere ist den
betrogenen Kunden, den zu Einbußen gezwungenen Mitarbeitern, den
Aktionären und der gleichermaßen getäuschten wie enttäuschten
Öffentlichkeit nicht zu erklären.
Boni sind Sonderzahlungen für besondere Leistungen, egal an welche
Kriterien sie im Detail geknüpft werden. Wenn sich das Wolfsburger
Führungspersonal noch einen Rest von Anstand bewahrt hat, dann muss
es erkennen, dass nach dem Abgasskandal unabhängig von der Frage
persönlichen Verschuldens ein Zeichen von Demut nötig ist.
Schließlich ist das Festgehalt der VW-Vorstände mit rund 1 Mill. Euro
komfortabel bemessen und immer noch doppelt so hoch wie einst jenes
von Martin Blessing, der als Commerzbank-Chef vom Großaktionär Bund
in der Finanzkrise zum Bonusverzicht gezwungen wurde.
VW-Aufsichtsratsvorsitzender Hans Dieter Pötsch hat es versäumt,
das sensible Bonus-Thema rechtzeitig zu entschärfen. Dazu hätte er in
eigener Sache mit gutem Beispiel vorangehen und von sich aus den
Verzicht auf die 10 Mill. Euro Kompensationszahlung für den Wechsel
vom Vorstand in den Aufsichtsrat erklären müssen. Ein Beleg mehr,
dass Pötsch nicht der richtige Mann ist, um bei VW als
AR-Vorsitzender den nötigen Kulturwandel voranzutreiben.
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