09.05.2016 19:46:39

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Börsen-Zeitung: Politik von und für gestern, Kommentar zur Konjunktur

von Stephan Lorz

Frankfurt (ots) - Die Konjunktursonne scheint wieder heller über

Deutschland: Deutlich besser, als die Ökonomen erwartet hatten, sind

die Auftragseingänge für März ausgefallen. Das lässt hoffen für das

Gesamtwachstum - ist aber auch verdammt gefährlich, weil damit der

Druck auf Berlin nachlässt, zukunftsgerichtete Wirtschaftspolitik zu

betreiben. Es läuft ja! Einzige Maßgabe scheint ohnehin zu sein, die

"Schwarze Null" zu halten. Bleibt trotzdem Geld zum Verteilen übrig,

wird es den heutigen und künftigen Rentnern versprochen: Rente mit

63, Mütterrente und Lebensleistungsrente lauten die Stichworte.

Deutschland, so kann man es auf den Punkt bringen, verspielt seine

Zukunft, weil es nur noch ins Gestern investiert.

Viele Ökonomen haben darauf schon aufmerksam gemacht, wurden aber

in Berlin stets vertröstet. Der Machterhalt ist den handelnden

Politikern schließlich wichtiger. Nur darum werden die

geburtenstarken Jahrgänge nämlich mit Wohltaten überhäuft - nicht

wegen des Armutsrisikos. Das Geld hierzu wird entweder von den Jungen

genommen, indem diese künftig höhere Sozialbeiträge entrichten

müssen, oder es kommt einfach aus der Substanz. Vor Letzterem hat

jetzt der Internationale Währungsfonds (IWF) gewarnt. Deutschland

muss mehr investieren, so seine Kernforderung. Die Bundesregierung

verweist zur Entlastung auf ihre "Investitionsoffensive", die

zusätzliche Milliarden bis 2018 vorsieht. Doch steigen die Baukosten

schneller, als die Investitionssummen gewachsen sind. Die Substanz

bröckelt also weiter, mahnt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der

Commerzbank.

Die wie eine Monstranz vor sich hergetragene "Schwarze Null" wirkt

damit eher kontraproduktiv. Geht doch unter den obwaltenden

Bedingungen das Fundament für künftiges Wachstum in die Brüche. Die

heutige junge Generation wäre dann doppelt getroffen: finanziell

ausgezehrt inmitten einer ruinierten Infrastruktur. Warum also nicht

heute den Kapitalmarkt anzapfen, da die Zinsen so niedrig sind? Zumal

Deutschland budgetmäßig besser dasteht als fast alle anderen

Industrieländer.

Wenn die Bundesregierung gleichwohl unter allen Umständen an der

"Schwarzen Null" festhalten möchte, ohne die Zukunft gleich ganz

abzuschreiben, müsste sie sofort alle neuen Sozialtransfers stoppen

und das Budget rigoros auf Investitionen trimmen. Aber auch das

passiert nicht. Selbst für Start-ups und Ausgaben zur technologischen

Standortsicherung (wie steuerlich begünstigte Patentboxen) gibt es

kein Geld. Fehlentwicklungen nehmen meist in guten Zeiten ihren

Anfang.

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