12.01.2015 20:51:47

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Börsen-Zeitung: Tokioter Schuldenrätsel, Kommentar zu Japan von Martin

Fritz

Frankfurt (ots) - Japans Wirtschaftspolitik der Abenomics mit

lockerer Geldpolitik und höheren Staatsausgaben stößt vor allem im

Ausland auf Unverständnis. Dass gerade jene Nation mit der höchsten

Verschuldung weltweit noch mehr auf Notenbankfinanzierung setzt als

ohnehin schon, nur um eine milde Deflation zu überwinden, erscheint

vielen widersinnig. Doch das Rezept von Premier Shinzo Abe ist

zumindest teilweise aufgegangen: Die Yen-Abwertung infolge der

Wertpapierkäufe der Notenbank hat die Gewinne vieler Firmen so stark

erhöht, dass die Körperschafts- und Einkommenssteuerquellen sprudeln.

Auch die Einnahmen aus der Verbrauchssteuer beglücken Tokio. Dadurch

kann Tokio sein Haushaltsdefizit relativ zur Wirtschaftsleistung um

die Hälfte verringern, wie es den G7-Nationen für 2015 versprochen

worden war. Das ist kein Zufall. Regierungschef Abe will Japans

Wirtschaft im Wettbewerb mit China stärken und dafür die

Staatsfinanzen konsolidieren. Auch den nächsten Nachtragshaushalt

finanziert er ganz ohne neue Anleihen.

Aber der Zwischenerfolg kann nicht davon ablenken, dass die

höheren Einnahmen das Verschuldungstempo allenfalls abbremsen. 2015

werden fast zwei Fünftel des Haushalts - umgerechnet 260 Mrd. Euro -

über Kredite finanziert. Um die Lücke ohne Berücksichtigung des

Schuldendienstes bis 2020 zu schließen, müsste die Neuverschuldung um

100 Mrd. Euro sinken. Das ist nicht zu schaffen. Selbst wenn die

Wirtschaft wieder wächst, dürfte die Schuldenquote von derzeit 240%

der Wertschöpfung noch lange weiter zulegen. Wegen des damit

steigenden Insolvenzrisikos müssten die Anleihezinsen eigentlich

zulegen. Doch Japan hat die niedrigsten Zinsen der Welt. Das straft

die klassische Schuldentheorie Lügen.

Zwei Erklärungsansätze bieten sich für das Schuldenrätsel an:

Erstens gibt es keine externen Gläubiger, weil sich fast alle

Anleihen in japanischer Hand befinden. Über ein Fünftel der Papiere

liegt zudem bei der Notenbank. Zweitens stehen den hohen

Staatsschulden noch höhere Ersparnisse von Bürgern und Firmen

gegenüber. Der Ökonom Franz Waldenberger vergleicht Japan mit einem

sehr liquiden Unternehmen, das sich den Staat als Tochterfirma mit

einer Eigenkapitaldecke von null leistet. Die Staatsverschuldung wäre

dann nur ein Reflex der hohen Privatersparnisse. Selbst bei fallenden

Spar- und Investitionsquoten kann dieser Zustand noch länger

fortdauern. Wer auf eine Staatspleite Japans spekuliert, braucht also

Geduld.

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