09.10.2015 19:30:39

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Börsen-Zeitung: US-Zinswende vertagt, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Nun also auch noch der Internationale

Währungsfonds (IWF). Nachdem sich schon diverse Analysten aus Banken

sowie Wirtschaftsforschungsinstitute zu den Gefahren, die aus einer

Konjunkturabkühlung Chinas resultieren (können), geäußert und ihre

Prognosen zu Wachstum, Inflation und Markt- und Leitzinsen für dieses

und insbesondere für das kommende Jahr zurückgeschraubt haben,

schlägt nun auch der IWF in diese Kerbe. Die internationalen Folgen

der Konjunkturabkühlung in China scheinen größer als erwartet, räumte

der Chefvolkswirt des IWF, Maurice Obstfeld, in der gerade zu Ende

gegangenen Woche ein. IWF-Chefin Christine Lagarde hatte schon vor

einiger Zeit auf die Gefahren für Konjunktur und Finanzmärkte

aufmerksam gemacht, die von den Börsenturbulenzen und schwächeren

wirtschaftlichen Aktivität im Reich der Mitte ausgehen. Und sie hatte

den US-Notenbankern auch die Empfehlung gegeben, dass man mit der

Leitzinswende noch ein wenig warten sollte.

Die Prognosen des IWF zum weltweiten Wachstum wurden nach unten

korrigiert. Weltweit wird jetzt noch mit einer Wachstumsrate des

Bruttoinlandproduktes (BIP) in diesem Jahr von 3,1 Prozent gerechnet

nach bislang veranschlagten 3,3 Prozent. Für 2016 wird noch von einer

BIP-Zunahme von 3,6 Prozent nach zuvor prognostizierten 3,8 Prozent

ausgegangen. Die USA werden nach Einschätzung des IWF in diesem Jahr

etwas stärker wachsen, als bisher angenommen. Die Prognosen für das

BIP-Plus wurden von 2,5 Prozent auf 2,6 Prozent angehoben, für 2016

aber wieder nach unten korrigiert, und zwar von 3,0 Prozent auf 2,8

Prozent. In der Eurozone wird ein unverändertes Plus beim BIP von 1,5

Prozent für dieses Jahr in Aussicht gestellt, 2016 werden aber nur

noch 1,6 Prozent nach zuvor 1,7 Prozent erwartet. Die Anpassungen

sind gewiss nicht dramatisch, zeigen per Saldo aber, in welche

Richtung es geht, und zwar nach unten.

Das ist zweifelsohne nicht der Stoff, aus dem die

(Leit-)Zinsträume so manchen Anlegers gemacht sind. Viele

Marktteilnehmer hatten damit gerechnet, dass die US-Notenbank Fed nun

schon im September reagiert und erstmals seit der Finanzkrise die

Zinsen anhebt. Aber auch daraus wurde wieder einmal nichts. Die Fed

selbst hat auch die Konjunkturgefahren, die aus China kommen, erkannt

und vertagte ein weiteres Mal die Zinswende. Der schwache

US-Arbeitsmarktbericht für September bescheinigt der

Beschäftigtensituation in den USA zwar nun nicht, dass es bergab

geht. Aber es ist wieder einer dieser Mosaiksteine, auf die die

Verantwortlichen in den Reihen des Fed-Offenmarktausschusses gerne

schauen: Der Arbeitsmarkt muss nicht nur robust genug sein, um eine

Zinsanhebung verkraften zu können, sondern er muss auch in einer

nachhaltig soliden Verfassung sein, damit es zur Zinswende kommen

kann. Genau dieser "Nachhaltigkeitsaspekt" könnte durch den

September-Arbeitsmarktbericht wieder "gestört" sein, so dass die

Anleger wohl auch für Oktober einen Haken an den Zinsschritt machen

können.

Das nun prognostizierte schwächere Wachstum wird nicht gerade den

Boden bereiten für kräftig anziehende Preise. Das bedeutet: Wenn sich

eine Wachstumsabschwächung bewahrheiten sollte, ist kaum mit einer

Beschleunigung des Inflationstempos zu rechnen. Dass die Zinswende in

den USA weiter vertagt wird, sollte man zumindest als wahrscheinlich

einstufen.

Schwächeres Wachstum, eine Inflation, die am Boden vor sich hin

dümpelt und in die Deflation abzurutschen droht sowie internationale

Zentralbanken - allen voran Fed und Europäische Zentralbank (EZB) -,

die die Leitzinsen nicht von der Nulllinie wegbekommen, sind alles

andere als Gründe für höhere Renditen an den Bondmärkten.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Renditeprognosesenkung

von Steven Major, renommierter Zinsanalyst der britischen HSBC Bank.

Major erwartet für die zehnjährige Bundrendite Ende 2016 noch ein

Niveau von 0,2 Prozent nach bislang veranschlagten 0,95 Prozent. Auch

die US-Staatsanleiherenditen sieht er im Sinkflug. Die

Zehnjahrespapiere sieht er von gut 2 Prozent auf 1,5 Prozent

absacken. Dann wäre wieder alles auf Rekordtief.

Major begründet seine Prognose unter anderem mit der Erwartung

einer Ausweitung des Anleihekaufprogramms der EZB. Niedrigere

Bondrenditen würden auch die US-Sätze nach unten ziehen. Aber er gibt

auch noch eine ganz andere Einschätzung ab, die man vermutlich in

Zukunft häufiger lesen oder hören wird. Mit Blick auf eine

Fed-Zinsanhebung meint Major, dass es hierfür bereits zu spät sein

könnte. Der Grund: Der Beginn der nächsten Rezession könnte näher

sein, als das Ende der vorigen Rezession von uns entfernt ist. Recht

hat er.

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