04.11.2016 19:01:40

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Börsen-Zeitung: Zeitenwende am Ölmarkt, ein Marktkommentar von Dieter

Kuckelkorn

Frankfurt (ots) - Die Perspektiven für einen nachhaltigen Anstieg

des Ölpreises haben sich in der gerade beendeten Handelswoche spürbar

verschlechtert. Deutlich geworden ist das daran, dass die

US-Lagerbestände an Rohöl binnen einer Woche um rekordhohe 14,4

Millionen Barrel gestiegen sind. In den 34 Jahren, in denen die

US-Regierung diese Daten erfasst, hat sie niemals einen Lageraufbau

in einem derartigen Ausmaß beobachtet.

Zwar muss man die Daten in Zusammenhang mit einem ähnlich hohen

Lagerabbau ein paar Wochen vorher sehen. Dennoch ist der Trend

beunruhigend. Er zeigt klar an, dass die Strategie Saudi-Arabiens

gescheitert ist, mit Hilfe eines Preiskriegs unliebsame neue

Konkurrenten aus dem Markt zu werfen, um so den Ölpreis langfristig

zu stützen.

Dass die Welt weiterhin in Öl schwimmt, ist im Wesentlichen darauf

zurückzuführen, dass es sogar den Produzenten mit besonders hohen

Kosten gelungen ist, ihre Aufwendungen deutlich zu reduzieren. So

wird in der Branche geschätzt, dass in der nordamerikanischen

Schieferölbranche die Produktion eines Barrels (159 Liter) im

Durchschnitt nur noch rund 23 Dollar kostet. Das liegt zwar noch

deutlich über den ultraniedrigen Kosten der Saudis von knapp 9

Dollar, ist aber auch nicht mehr meilenweit davon entfernt.

Angesichts des Scheiterns ihrer Niedrigpreisstrategie haben die

Saudis auf einen anderen Kurs umgeschwenkt, was sich auch in der

Auswechslung des langjährigen Ölministers Ali al-Naimi widerspiegelt.

Sein Nachfolger Khalid al-Falih strebt eine Stabilisierung des

Ölpreises mit Hilfe von Kartellabsprachen innerhalb und außerhalb der

Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) an. Dabei sieht er

sich allerdings ähnlich großen Hindernissen gegenüber wie sein

Vorgänger al-Naimi bei dem Versuch, Wettbewerber über den Preis aus

dem Markt zu drängen.

Das Problem liegt aktuell darin, dass die Öl produzierenden Länder

angesichts der im historischen Vergleich immer noch sehr niedrigen

Einnahmen pro Barrel darauf angewiesen sind, auf Teufel komm raus zu

produzieren, um ihre Staatshaushalte zu stabilisieren. Vor diesem

Hintergrund ist bereits eine Deckelung der Fördermengen schwierig

durchzusetzen, die notwendige Vereinbarung einer deutlichen

Reduzierung der weltweiten Ölförderung aber schier unmöglich.

Zwar haben sich die Opec-Länder am 28. September in Algier

grundsätzlich darauf geeinigt, ihre Förderung auf 32,5 bis 33 Mill.

Barrel pro Tag (bpd) zu reduzieren. Aber selbst für den Fall, dass

das untere Ende der Spanne durchgesetzt werden kann, würde sich das

Überangebot nur um 11 Prozent reduzieren. Um aber tatsächlich auf

eine Opec-Förderung von nur 32,5 Mill. bpd zu kommen, müssten sich

die Mitglieder des Kartells bereiterklären, ihre Förderung um 900.000

bpd zu kürzen. Angesichts der Zwietracht innerhalb der Organisation

erscheint dies unrealistisch.

Wie die Internationale Energieagentur IEA schätzt, wird eine

Opec-Produktion von 32,5 Mill. bpd die weltweiten Lagerbestände im

Jahresverlauf wohl nur um 36,5 Mill. Barrel reduzieren. Angesichts

der Tatsache, dass die gelagerten Mengen derzeit um 322 Mill. Barrel

über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre liegen, fällt das

kaum ins Gewicht. Es kommt also darauf an, auch große Produzenten

außerhalb der Opec wie Russland ins Boot zu holen, was aber schwierig

ist, da sogar innerhalb der Opec Länder wie Iran, aber auch Libyen,

Irak und Nigeria verlangen, von Obergrenzen grundsätzlich ausgenommen

zu werden.

Kurz- und mittelfristig sieht es also nicht danach aus, dass sich

der Ölpreis ausgehend vom aktuellen Niveau nachhaltig erholen wird.

Aber auch langfristig sind die Perspektiven aus Sicht der

Ölproduzenten und der Anleger alles andere als rosig. Zwar hat jetzt

noch einmal der Ölminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Suhail

al-Mazourei, darauf hingewiesen, dass in der globalen Ölindustrie

eine sehr große Anzahl von Erschließungs- und

Modernisierungsprojekten auf Eis liegt.

Unterlassene Investitionen könnten leicht zu einer Unterversorgung

in der Zukunft führen. Das galt zumindest in der Vergangenheit.

Allerdings werden fossile Energieträger immer schneller von

erneuerbaren Energiequellen abgelöst. So schätzt die Energieagentur,

dass 2015 erstmals weltweit mehr Energieerzeugungskapazitäten auf

Basis erneuerbarer Energien installiert worden sind als auf Basis

fossiler Energieträger. Bis 2021 soll der weltweite Marktanteil

erneuerbarer Energiequellen - ohne den Transportsektor - bei 42

Prozent liegen. In einem somit grundsätzlich veränderten Umfeld

dürfte der Ölpreis auch langfristig kaum nachhaltig steigen.

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