13.04.2016 20:56:40

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Börsen-Zeitung: Zukunft ohne Lobby, Kommentar zur Rentenpolitik von

Stephan Lorz

Frankfurt (ots) - Es passiert nun, wovor uns die Demografen schon

vor vielen Jahren gewarnt haben: Gegen Ende des laufenden Jahrzehnts

wird eine strukturelle Mehrheit der über 50-Jährigen den Ton in der

Politik angeben. Es geht dann mehr um soziale Absicherung als um

Zukunftsinvestitionen. Nicht anders sind die jüngsten Vorstöße von

CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel einzuordnen. Zwar

schieben sie die Sorge vor Altersarmut vor, wenn sie die Stärkung der

gesetzlichen Rente oder gar die komplette Rückkehr zum Umlagesystem

fordern, in Wirklichkeit aber umwerben sie nur die geburtenstarken

Jahrgänge, die in wenigen Jahren in die Rente drängen, weil dieses

Wählerpotenzial so entscheidend ist.

Wer aber mehr Geld in die Rentenkassen lenkt, betreibt eine

Umverteilung von Jung nach Alt. Denn die demografische Entwicklung,

die zur Reform der gesetzlichen Rente geführt hat, läuft ja weiter:

Es gibt immer weniger Beitragszahler, die im Umlageverfahren oder

über Steuern immer mehr Rentner finanzieren müssen. Bereits die

jüngsten Reformrücknahmen halsen den Jüngeren enorme Zukunftslasten

auf. Ökonomen beziffern die Mehrkosten bis 2030 auf 160 Mrd. Euro.

Auch unter Gerechtigkeitserwägungen wäre eine Rückabwicklung

verwerflich. Denn mit den Reformen wurden ja gerade jene Kohorten

belastet, welche die demografische Schieflage mitverursacht haben,

weil sie zu wenig Beitragszahler in die Welt gesetzt haben. Nun mit

"sozialer Gerechtigkeit" zu argumentieren, um die gesetzliche Rente

zu erhöhen, ist insofern dreist.

Der Ruf nach einer Rückabwicklung der Reformen ist zudem fatal für

die Zukunftsfähigkeit unseres Gemeinwesens. Der geschlossenen Phalanx

aus CSU und SPD wird Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht

lange Widerstand leisten können. Für Mehrausgaben etwa für einen

überfälligen Richtungswechsel in der Forschungspolitik fehlt dann das

Geld - auch, weil sich für die Zukunft nie eine so starke Lobby

zusammenfindet wie für die Rente. Dabei wäre das Geld dafür viel

besser angelegt. Deutschland droht schließlich technologisch den

Anschluss zu verlieren, weil Forschungsinvestitionen unterbleiben und

ins Ausland verlagert werden. Ökonomen beklagen, dass andere Staaten

Forschungsleistung ihrer Industrie längst stärker unterstützen. Auch

hier mehr Steuergeld dafür aufzuwenden, wäre also eine echte

Zukunftsinvestition. Sie stärkt den Standort, legt den Grundstock für

neues Wachstum und sichert nebenbei auch die Altersvorsorge.

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