25.08.2020 20:25:38

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Die Zombies kommen, Kommentar zum Insolvenzrecht von Christoph Ruhkamp

Frankfurt (ots) - Normal ist das schon längst nicht mehr: Mitten in der größten

Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg gibt es in Deutschland deutlich

weniger Insolvenzen als sonst. Stattdessen nimmt die Zahl der Zombieunternehmen

stetig zu, deren operativer Gewinn kaum ausreicht, um die Schuldzinsen zu

zahlen. Sie gleichen lebenden Toten. Es handelt sich meist um kleine Firmen,

aber auch einige größere sind darunter.

Grund für die Ausbreitung der Zombies ist die Aussetzung der

Insolvenzantragspflicht, die seit März gilt, um Unternehmen, die unverschuldet

in Not geraten sind, das Überdauern der Coronakrise zu ermöglichen. Ende

September läuft das Moratorium aus - und dann müssen zahlungsunfähige

Unternehmen wieder Insolvenz anmelden. Eine nachgeholte Pleitewelle wird die

Folge sein.

Doch das ist nur eine halbherzige Rückkehr zum Normalzustand. Denn für

überschuldete Firmen, deren Überschuldung aus der Coronakrise resultiert, wird

die Aussetzung bis Ende des Jahres verlängert. Das ist ein gefährlicher Plan.

Die Zahl der Zombieunternehmen in Deutschland wird dadurch erneut steigen. Die

Wirtschaftsauskunftei Creditreform schätzt ihre Zahl in Deutschland bereits auf

330000 und rechnet mit einem Anstieg auf mehr als eine halbe Million. Je länger

der Zustand anhält, desto stärker steigt das Risiko und desto größer wird am

Ende der Schneeballeffekt durch zahlungsunfähige Unternehmen, die dann viele

weitere Firmen entlang der Lieferkette mit in den Abwärtssog ziehen könnten.

Die Verschlechterung der Bonität von Unternehmen ist durch die Aussetzung der

Antragspflicht wesentlich weniger gut sichtbar. Durch die Verlängerung wird das

Misstrauen potenziert. Für Lieferanten sind Geschäftspartner schwieriger

einzuschätzen. Sie wissen nicht, ob der Abnehmer überhaupt noch zahlungsfähig

ist, weil er eine mögliche Schieflage aktuell nicht bei einem Insolvenzgericht

anzeigen muss.

Damit wird die Selbstreinigung des Marktes vorübergehend ausgeschaltet.

Unternehmen, die unabhängig von Corona nicht gesund sind und keine

wirtschaftliche Perspektive haben, sollten aus dem Markt ausscheiden. Über diese

Firmen weiter die schützende Hand des Staates zu halten, ist unangebracht. Das

liegt weder im Interesse aller anderen Marktteilnehmer noch im Interesse der

Gläubiger des Unternehmens. Wichtiger wäre es, schnell ein vorinsolvenzliches

Restrukturierungsverfahren auf Basis der entsprechenden europäischen Richtlinie

einzuführen.

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