08.10.2020 19:36:38

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Finanzplatz-Powerplay / Kommentar zur Rolle der Mailänder Börse in der

italienischen Staatswirtschaft von Gerhard Bläske

Frankfurt (ots) - Der italienische Staat mischt sich immer ungenierter in die

Wirtschaft des Landes ein. Da werden großzügig Gelder ausgeschüttet und

Beteiligungen an angeblich strategischen Unternehmen erworben. Die Mittel dazu

hat Rom letztlich nur dank der Hilfen der Europäischen Zentralbank und der EU.

Eine ganz entscheidende Rolle spielt die mehrheitlich staatliche Förderbank

Cassa Depositi e Prestiti (CDP), die eine Art verlängerter Arm der Regierung

ist, an vielen Konzernen Beteiligungen hält und nun Milliarden für den Erwerb

weiterer Anteile erhält.

Besonders aktiv waren der Staat bzw. die CDP zuletzt im Finanzsektor. Im Bündnis

mit der Mehrländerbörse Euronext übernimmt das Institut die Borsa Italiana.

Andere Kandidaten wie die Deutsche Börse oder die Schweizer Six hatten nie eine

Chance. Rom setzte von Anfang an auf die Allianz von Euronext mit der CDP und

der staatsnahen Bank Intesa Sanpaolo.

Erst vor wenigen Tagen gab der Zahlungsdienstleister Nexi die Übernahme des

IT-Unternehmens Sia bekannt, bei dem die CDP seit 2014 dabei ist. Es ist kein

Zufall, dass die Staatsbank auch hier zusammen mit der Intesa Sanpaolo größter

Aktionär sein wird. CDP-Vorstandschef Fabrizio Palermo macht keinen Hehl daraus,

dass er es als seine Aufgabe betrachtet, nationale Champions zu schaffen, und

dass es "natürlich" einen Zusammenhang zwischen dem Einstieg bei der Börse und

dem bei Nexi gebe. Der Zahlungsdienstleister werde eine wichtige Rolle bei der

Börse spielen, und die CDP werde Nexi bei weiteren Übernahmen "helfen". Im

Visier ist insbesondere die dänische Nets.

Rom denkt auch über die Einrichtung einer großen Staatsbank für den Süden nach

und plant offenbar Steuergutschriften für Unternehmen, die an die Börse gehen.

Derzeit wird auch händeringend ein Kandidat für die Übernahme der mehrheitlich

staatlichen Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS) gesucht, die privatisiert

werden muss. Die Regierung dürfte einem Käufer sicherlich unter die Arme greifen

- so wie in der Vergangenheit der Intesa Sanpaolo beim Erwerb von zwei

Volksbanken. Auch bei der Rettung von MPS, Carige und der Volksbank von Bari war

der Staat wesentlich dabei.

Italien nutzt die Krise und die europäischen Hilfen, um den Wettbewerb teilweise

auszuhebeln und das Gewicht des Staates in der Wirtschaft auszubauen. Mahnungen

wie etwa von Notenbankchef Ignazio Visco, der auf negative Beispiele in der

Vergangenheit verweist, werden geflissentlich überhört. Und Brüssel schaut weg

und bleibt untätig.

(Börsen-Zeitung, 09.10.2020)

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