18.03.2020 20:29:41

OTS: Börsen-Zeitung / Gegensteuern, Kommentar zur Coronakrise von Claus Döring

Gegensteuern, Kommentar zur Coronakrise von Claus Döring

Frankfurt (ots) - Viel hilft viel. Das ist derzeit die Devise der Politiker rund

um den Globus. Ob Helikoptergeld, direkte Finanzspritzen, Liquiditätshilfen oder

Steuerstundungen - zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der

Corona-Pandemie scheint den Regierungen jedes Mittel recht. Leider wirkt - auch

in der Krise - nicht jedes Mittel gleich gut. Dies galt für die jüngsten

Zinssenkungen und Anleihekäufe der Notenbanken, die gälte beispielsweise auch

für die schon lange geforderte Senkung der Körperschaftssteuer. Wo die Krise

Gewinne in Verluste verwandelt, bringt eine Entlastung der Ertragsbesteuerung

wenig. Und die "Krisengewinner", die es ja immer gibt, würden mit einer

Körperschaftsteuersenkung doppelt profitieren.

Um eine in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellose Pleitewelle vor allem

kleinerer Unternehmen zu vermeiden, ist die befristete Aussetzung der

Insolvenzgründe Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zweifelsohne vernünftig.

Auch die Entlastung der Unternehmen auf der Lohnkostenseite durch großzügigere

Kurzarbeitsregelungen hilft. Dies sind wichtige Maßnahmen, um den Angebotsschock

zu mildern. Und auf der Nachfrageseite? Da sind Konjunkturprogramme, die

zugleich der Ertüchtigung der Verkehrs- und IT-Infrastruktur dienen,

grundsätzlich hilfreich. Aber es würde lange dauern, bis sie wirken, zumal im

bürokratieverliebten Deutschland. Den drohenden Nachfrageschock verhindern

solche langfristig angelegten Projekte nicht.

Eine intelligentere und nachhaltigere Wirkung als das gerade in den USA

angekündigte Helikoptergeld in Gestalt direkter Schecks an Einzelpersonen hätte

eine Senkung der Mehrwertsteuer. Würde sie auf einige Monate befristet, dürfte

dies schnell und ohne großen bürokratischen Aufwand zu einem Nachfrageschub

führen, ohne dauerhaft Marktpreise zu verzerren. Auch die Verteilungseffekte

einer Mehrwertsteuersenkung wären in der gegenwärtigen Lage politisch

wünschenswert und ließen sich - wie bisher schon bei den niedrigeren Sätzen für

Güter des täglichen Bedarfs - an aktuelle soziale Erfordernisse anpassen.

Die Dimension ließe sich gut dosieren und sogar über die Zeitachse anpassen,

beispielsweise degressiv staffeln. Bei einem Aufkommen der Umsatzsteuer von 243

Mrd. Euro im Jahr 2019 würde die Aussetzung für ein halbes Jahr den Staat "nur"

120 Mrd. Euro kosten. Aber bitte erst, wenn die Geschäfte hierzulande wieder

öffnen dürfen. Denn der Onlinehandel gehört schon jetzt zu den Profiteuren der

Krise.

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