28.09.2021 19:49:38
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OTS: Börsen-Zeitung / Heikle Verquickung / Kommentar zu den ...
Heikle Verquickung / Kommentar zu den Tarifverhandlungen im
Bankgewerbe von Anna Sleegers
Frankfurt (ots) - Die aktuelle Tarifverhandlung für das private Bankgewerbe
erinnert mehr und mehr an einen Familienstreit. Statt der üblichen
Auseinandersetzung um Prozentpunkte und Wochenarbeitsstunden scheint diesmal der
Umbau im Privatkundengeschäft der Commerzbank Dreh- und Angelpunkt der Gespräche
zu sein. Dieser aus Sicht der kleineren Mitglieder des Arbeitgeberverbands (AGV)
Banken fragwürdige Fokus dürfte zu einem nicht geringen Anteil auf die Personen
zurückzuführen zu sein, die sich am Verhandlungstisch gegenübersitzen. Erstmals
seit vielen Jahren führt nicht der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen
Bank die Verhandlungen für die Arbeitgeber, sondern Sabine Schmittroth,
Arbeitsdirektorin und Noch-Privatkundenvorständin der Commerzbank.
Zwar wird die letzte echte Bankerin in dem von McKinsey-Leuten geprägten
Commerzbank-Vorstand von den Gewerkschaften für ihre Sachlichkeit und
Ergebnisorientierung hoch geschätzt. Doch die Versuchung ist offenbar zu groß,
die Tarifgespräche als Hebel zu nutzen, um Haustarifverträge für gut ein Dutzend
geplanter Digitalzentren zu erzwingen. Nach den Vorstellungen der Commerzbank
sollen diese künftig die von den Filialschließungen betroffenen Kunden betreuen.
Zugleich können sie den vom Streichkonzert betroffenen Beschäftigten einen neuen
Arbeitsplatz bieten, der oftmals nicht allzu weit von der bisherigen
Arbeitsstelle liegt.
Zu welchen Konditionen die Servicezeiten der Digitalzentren abgedeckt werden,
ließe sich über eine Konzernbetriebsvereinbarung regeln. Einen Haustarifvertrag
braucht es dafür nicht. Tatsächlich kann man es der Gewerkschaft jedoch kaum
verdenken, dass sie die Verhandlungen den dafür zuständigen Betriebsräten
überlässt.
Immerhin war es nicht zuletzt der erfolgreiche Kampf gegen die Samstagsöffnungen
der Filialen, den Verdi gegen Schmittroths Vorvorvorgänger Achim Kassow geführt
hat, dem sie einen Teil des nicht nur für die Finanzbranche beachtlichen
Organisationsgrads von mehr als 30% bei den nicht leitenden Angestellten der
Commerzbank verdankt. Auch hat sich das Umfunktionieren der Warnstreiks zwecks
Mobilisierung gegen die Großbankenfusion bereits im Rahmen der letzten
Tarifrunde aus Verdis Sicht bewährt. Ob die Verquickung von Partikularinteressen
für ein einzelnes Haus mit den Tarifverhandlungen für die gesamte Branche die
Friedenspflicht verletzt, könnte man gerichtlich klären. So groß scheint die Not
bei den übrigen AGV-Mitgliedern dann aber doch nicht zu sein.
(Börsen-Zeitung, 29.9.2021)
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