17.11.2020 20:36:38

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Kein Plan B, Kommentar zum EU-Finanzpaket von Andreas Heitker

Frankfurt (ots) - Die Blockade des 1,8 Bill. Euro schweren Finanzpakets durch

Polen und Ungarn hat das Potenzial, die EU in eine neue tiefe Krise zu stürzen.

Aber so weit ist es noch nicht, auch wenn in Brüssel zurzeit noch niemand so

recht weiß, wie der Konflikt um den neuen Rechtsstaatsmechanismus, mit dem die

EU-Gelder­ künftig verknüpft werden sollen, gelöst werden kann. Es gibt keinen

Plan B.

Richtig ist: Polen und Ungarn haben zurzeit ein gewaltiges Droh- und

Erpressungspotenzial in ihren Händen, weil die Zeit für eine Einigung drängt. Es

geht um Gelder aus dem EU-Haushalt und dem Wiederaufbaufonds, die eigentlich

schon ab Anfang 2021 zur Krisenbewältigung zur Verfügung stehen sollten. Und

Länder wie Spanien und Italien sind dringend auf diese Mittel angewiesen.

Aber nicht nur sie. Zu erinnern sei daran, dass in den vergangenen Jahren Polen

nach absoluten Zahlen der mit Abstand größte Nettoempfänger der EU war.

Strukturfondsmittel und Agrarhilfen sorgten jährlich für ein Plus von mehr als

10 Mrd. Euro. Bezogen auf die Wirtschaftsleistung war wiederum Ungarn der größte

EU-Nettoempfänger: Das Geld aus Brüssel machte im Schnitt 4 Prozent des

Bruttoinlandsprodukts aus. Hinzu kommt: Vom milliardenschweren

Corona-Wiederaufbaufonds sollten beide Länder ebenfalls stark profitieren. Auch

die Regierungen in Budapest und Warschau haben also ein hohes Interesse an dem

Finanzpaket, das sie derzeit mit ihrem Veto blockieren.

Es gibt damit keinen Grund, vorschnell über eine Aussetzung des neuen

Rechtsstaatsmechanismus nachzudenken oder darüber, Abstriche an dem In­strument

zu machen. Die meisten Mitgliedstaaten und das EU-Parlament würden einen solchen

Schritt ohnehin nicht mittragen. Es würde lediglich ein verheerender Verlust an

Glaubwürdigkeit drohen.

Ähnliches gilt für Überlegungen, den Wiederaufbaufonds einfach aus dem

Finanzpaket herauszunehmen und ihn über eine zwischenstaatliche Vereinbarung an

den Start zu bringen - und Polen und Ungarn dabei einfach auszuschließen. Die

zentrale, starke und solidarische europäische Krisenantwort der EU würde damit

ausgehöhlt, entwertet und zum Teil ihrer Finanzierungsoptionen beraubt.

Am Donnerstag werden sich nun zunächst die Staats- und Regierungschefs mit dem

Konflikt befassen. Niemand sollte auf Einsicht oder ein schnelles Nachgeben in

Polen und vor allem Ungarn hoffen. Aber klar ist auch, dass in diesem Streit

nicht nur diese beiden Länder ein Druckmittel in der Hand haben.

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