22.02.2022 20:28:38

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Kein Weg zurück, Kommentar zu den Ukraine-Sanktionen von Lutz

Knappmann

Frankfurt (ots) - Ein Hintertürchen bleibt offen: Bundeskanzler Olaf Scholz hat

als Reaktion auf Russlands Aggressionen gegen die Ukraine die Inbetriebnahme von

Nord Stream 2 "auf Eis gelegt". Faktisch trifft Scholz damit eine längst

überfällige Entscheidung: Die umstrittene Ostseepipeline wird nicht in Betrieb

gehen. Deutschlands Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen wird zumindest

nicht noch größer, als sie ohnehin schon ist.

Doch in der arg technischen Herleitung dieser Entscheidung, dass nämlich eine

"Neubewertung der Versorgungssicherheit" die Zulassung der Pipeline auf

unbestimmte Zeit verzögern soll, schwingt implizit das Wörtchen "vorerst" mit.

Und schon ist es wieder da, das Unbehagen darüber, wie schwer sich Scholz

zuletzt mit klaren Aussagen zu Nord Stream 2 getan hat.

Dabei ist spätestens nach Wladimir Putins Entscheidung, die Separatistengebiete

in der Ostukraine anzuerkennen und dorthin Truppen zu entsenden, kein Spielraum

mehr für Zögerlichkeit: Wer einen so explizit antidemokratischen und

völkerrechtswidrigen Kurs verfolgt wie Russlands Machthaber, kann kein

umworbener Wirtschafts- und Handelspartner westlicher Demokratien sein.

Es ist also konsequent, dass die EU nun den Handel mit russischen Staatsanleihen

untersagt und Hunderte Personen und Firmen auf die EU-Sanktionsliste setzt, ihre

Auslandsvermögen einfriert und Einreiseverbote ausspricht. Doch sowenig Putin

die militärischen Operationen auf Donezk und Luhansk beschränken wird, sowenig

wird es bei Sanktionen bleiben können, die vorrangig auf Personen zielen, die in

den Konflikt in der Ostukraine verwickelt sind.

Nur wenn jener Personenkreis, der Putins Macht stützt und finanziell am

stärksten von seiner autokratischen Politik profitiert, substanzielle

Einschränkungen und Kosten spürt, entsteht echter Druck. Auch ein Ausschluss

Russlands aus dem Zahlungsverkehrssystem Swift sollte kein Tabu sein. Für Europa

sind das kostspielige Entscheidungen: Energie wird teurer, Handelsströme und

Lieferketten werden unterbrochen, Finanzgeschäfte erschwert oder ganz

unterbunden. Doch die Verteidigung von Demokratie und Völkerrecht ist keine

buchhalterische Entscheidung.

Putins revisionistische Brandrede hat die Welt verändert. Und Europa spürt nun

schmerzhaft: Die Erkenntnis, dass der Ausbau erneuerbarer Energien, Maßnahmen

zur Senkung des Rohstoffverbrauchs und eine eigenständigere Rüstungs- und

Verteidigungspolitik auch die politische Verwundbarkeit reduzieren, kommt

reichlich spät.

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