16.01.2023 20:02:38
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Viel Schatten, etwas Licht, Kommentar zum Weltwirtschaftsforum von
Mark Schrörs
Frankfurt (ots) - Die Botschaften könnten kaum alarmierter ausfallen: Vor
"Polykrisen" warnt das Weltwirtschaftsforum anlässlich des alljährlichen
Treffens in Davos, das gestern offiziell begonnen hat - also vor Krisen, die
sich gegenseitig verstärken. Vor einem ersten Rückschritt für die Menschheit
seit Jahrzehnten. Und sogar vor einer komplett unbeherrschbaren Lage, die ein
einziger weiterer Schock auslösen könnte - ein neues Virus oder ein neuer
Militärkonflikt. Tatsächlich ist die Zukunft unsicher wie nie. Zugleich gibt es
aber doch auch Hoffnungsschimmer. Darauf gilt es in Davos aufzubauen. Defätismus
ist keine Antwort auf die Herausforderungen.
Ukraine-Krieg, Inflation, Rezessionsgefahr, Energiekrise, Klimawandel - die
Liste der aktuellen Probleme ist ebenso lang wie komplex. Die vielleicht größte
schwelende Gefahr ist wohl eine Zuspitzung des Taiwan-Konflikts samt
(militärischer) Konfrontation zwischen den beiden Weltmächten USA und China. Das
Jahr 2023 droht also nicht weniger anstrengend zu werden als 2022. Das ist eine
ernüchternde Botschaft für die Politik und die Menschen. Zugleich gibt es aber
zumindest ein paar Lichtblicke - wirtschaftlich wie politisch.
Was die Wirtschaft betrifft: Die Weltwirtschaft erlebt einen selten synchronen
Abschwung. Aber die Lage ist besser als noch vor Wochen befürchtet. In Europa
etwa ist eine Gasmangellage mit allen ökonomischen Konsequenzen ausgeblieben.
Das ist teilweise dem warmen Winter zu verdanken. Zugleich haben sich aber eben
auch viele Volkswirtschaften als widerstandsfähiger erwiesen als gedacht und
viele Unternehmen als anpassungsfähiger. Und auch bei der großen Geißel dieser
Zeit, der Inflation, wächst die Hoffnung, dass zumindest das Schlimmste
überstanden ist - auch wenn es für Entwarnung noch zu früh ist.
Genauso gibt es in der Politik positive Signale: Der Krieg hat ein Nachdenken
über die Energiesicherheit ausgelöst und dürfte mittelfristig die Umstellung auf
erneuerbare Energie sogar beschleunigen - wobei zentral ist, in der Klimapolitik
nicht alle ökonomische Vernunft über Bord zu schmeißen. Und was die Weltmächte
USA und China angeht: Zumindest ist der persönliche Gesprächsfaden auch auf
den höchsten Ebenen wieder aufgenommen. Auch in Davos treffen sich nun
überraschend US-Finanzministerin Janet Yellen und China-Vize Liu He. Nun sollte
niemand so naiv sein zu denken, dass damit alle potenziellen Konflikte beseitigt
sind. Aber es schürt die Hoffnung, dass die ganz große Eskalation vermieden
werden kann.
Angesichts der existierenden großen Herausforderungen kommt es nun ganz
entscheidend darauf an, den internationalen Dialog und die weltweite
Zusammenarbeit zu stärken. Auch wenn es wie eine Phrase klingt: Globale Krisen
können nur global gelöst werden. Leider geht der Trend in Richtung
Zersplitterung der Welt und Protektionismus. Bei aller teilweise berechtigten
Kritik - Treffen wie jenes in Davos können da einen wichtigen Kontrapunkt
setzen. Persönliche Kontakte schaffen Vertrauen. Umso bedauerlicher, dass etwa
US-Präsident Joe Biden fehlt. Große Beschlüsse sind dabei nicht zu erwarten.
Dafür ist Davos die falsche Bühne. Aber wichtig ist, dass es auch nicht nur bei
warmen Worten bleibt, die schnell wieder vergessen sind, wenn die Entscheider in
die Heimat zurückkehren.
Pressekontakt:
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