23.06.2022 20:30:38
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Vorbereitung auf den Notfall, Kommentar zur Gasversorgung von
Christoph Ruhkamp
Frankfurt (ots) - Der Kreml dreht ganz langsam den Gashahn zu.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat deshalb die zweite Stufe des
dreistufigen Notfallplans Gas aktiviert. Auch in der sogenannten Alarmstufe
kümmern sich die Marktakteure wie Gashändler, Lieferanten und
Fernleitungsnetzbetreiber - namentlich Eon, Uniper oder Wintershall Dea - noch
in Eigenregie um eine Beherrschung der Lage, um die Versorgung
aufrechtzuerhalten. Das ändert sich erst, wenn die Notfallstufe ausgerufen wird
- sobald Maßnahmen anderweitiger Beschaffung sowie der Rückgriff auf
Gasspeicher und die Optimierung von Lastflüssen nicht mehr ausreichen. Dann
greift der Staat ein, und die Bundesnetzagentur wird zum "Bundeslastverteiler",
der Gas rationiert und zunächst die privaten Haushalte und sozialen
Einrichtungen bedient.
So weit ist es noch nicht. Die Gasversorgungslage ist laut Bericht der
Bundesnetzagentur angespannt, aber stabil. Trotz der Alarmstufe setzt die
Bundesnetzagentur deshalb die Preisanpassungsklausel des Paragrafen 24 im neuen
Energiesicherungsgesetz vorerst nicht in Kraft. Diese würde es den
Energieversorgern erlauben, höhere Einkaufspreise für Erdgas direkt an die
Kunden weiterzureichen - auch in laufenden Verträgen. Behördenchef Klaus Müller
erklärt jedoch korrekterweise, seine Behörde stelle noch nicht eine "erhebliche
Reduzierung der Gesamtgasimportmengen" fest, die Voraussetzung für die
Preisklausel wäre. Das klingt erstaunlich, da Gazprom durch die Pipeline Nord
Stream 1, die sonst ein Drittel des aus Russland importierten Gases nach Europa
bringt, jetzt nur 40 Prozent der sonst üblichen Menge schickt. Aber tatsächlich
ist die Versorgung noch nicht so eingeschränkt, dass rationiert werden müsste.
So bleibt es zunächst dabei, dass die steigenden Preise, die am Spotmarkt
sechsmal so hoch liegen wie vor einem Jahr, nur langsam bei Verbrauchern und
Unternehmen ankommen. Stellt die Bundesnetzagentur eine erhebliche Reduktion der
Gesamtgasimportmengen nach Deutschland fest, sollten die Mehrkosten aus einer
Ersatzbeschaffung für wegfallende Gasimporte gleichmäßiger verteilt werden. Wenn
die Importeure die Einkaufspreise nicht an ihre Kunden weiterreichen können,
droht ihre Zahlungsunfähigkeit. Diese würde sich dominosteinhaft entlang der
Lieferkette auswirken. Wer insolvent ist, kann weder importieren noch Haushalte
oder Industrie bedienen. Dann bräche die Lieferkette zusammen. Es braucht also
die Preisanpassungsklausel - aber ihre Stunde ist jetzt noch nicht gekommen.
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