18.10.2023 18:39:38
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OTS: Cofinpro AG / Digitaler Euro: EZB-Entwurf enttäuscht Unternehmen
Digitaler Euro: EZB-Entwurf enttäuscht Unternehmen
Frankfurt (ots) - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat neue Details zum
geplanten Digitalen Euro veröffentlicht und dabei vorerst die Chance auf einen
großen Wurf verpasst. Zukunftsweisende Innovationen für den europäischen
Zahlungsverkehrsraum sind mit einem so konzeptionierten Digitalen Euro nicht zu
erwarten. Hat die EZB also nur eine überflüssige Geldkarte 2.0 präsentiert? Die
auf Finanzdienstleister spezialisierte Unternehmensberatung Cofinpro zieht eine
erste Bilanz der Pläne und analysiert mögliche Geschäftsmodelle.
Im Auffangbecken für ausrangierte und unbedeutende Finanzmarktinnovationen
dümpeln bereits zahlreiche, einst groß angekündigte Projekte wie die Geldkarte
oder auch paydirekt. "Damit dem Digitalen Euro ein ähnliches Schicksal erspart
bleibt, muss die digitale Zentralbankwährung Unternehmen, Banken und
Privatpersonen einen Mehrwert und bisher nicht realisierbare Möglichkeiten
bieten. Der nun veröffentlichte Grundsatzbeschluss lässt jedoch viele wichtige
Weichenstellungen vermissen", sagt Norman Philipp, Manager bei Cofinpro.
"Denn bei der Konzeption des Digitalen Euro liegt der Fokus scheinbar darauf,
bekanntes Terrain nicht zu verlassen und Anwender nicht mit neuen
Funktionalitäten zu überfordern. Die Folge: Unternehmen, Privatnutzer und Banken
können künftig zwar ein weiteres Zahlungsmittel nutzen. Es spielt gegenüber den
bereits etablierten Payment-Optionen aber nur marginale Vorteile aus", ergänzt
Eric Neumann, Senior Manager bei Cofinpro.
Zukunftsgerichtet wäre es, schon bei der Konzeption Anwendungsfälle in den
Vordergrund zu rücken, die in der immer stärker digitalisierten Welt gefragt
sind und mit denen Unternehmen sowie Banken vom Digitalen Euro profitieren
können. Denn wenn sich Prozessoptimierungen, Effizienzgewinne oder neue
Mehrwertdienste realisieren lassen, besteht auch ein erhebliches Interesse
daran, den Digitalen Euro beim Endkunden zu fördern oder gar zu fordern.
Innovationsfreudige Unternehmen werden enttäuscht
Die größte Enttäuschung für Unternehmen wird es wohl sein, dass es für sie
vorerst nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten geben soll, selbst mit der neuen
digitalen Währung zu bezahlen. Dadurch entfallen für diese Nutzergruppe viele
mögliche Anwendungsfälle, die sich die Unternehmen laut einer Cofinpro-Umfrage
wünschen.
So könnte beispielsweise im Zahlungsverkehr mit der öffentlichen Verwaltung eine
spezielle Schnittstelle für den Digitalen Euro die Prozesse deutlich
vereinfachen, wenn z.B. Daten- und Zahlungsverkehr verknüpft wären. Dadurch
könnten Zahlungen leichter zugeordnet und der Verwaltungsaufwand reduziert
werden. Gleiches gilt für Transaktionen zwischen Unternehmen oder von
Unternehmen an private Endkunden. Die Wünsche nach einer Erweiterung des
Funktionsumfangs werden in der jetzigen Fassung nur unzureichend aufgegriffen,
obwohl hier das größte Potenzial zu heben gewesen wäre. Eine Ausweitung hält
sich die EZB aber offen.
Gleiches gilt für die Programmierbarkeit des Digitalen Euro, die sich laut der
Cofinpro-Umfrage rund 85 Prozent der Unternehmen wünschen. Diese könnte z.B.
genutzt werden, um die Zahlung nur für bestimmte Waren oder auch für
vordefinierte Zeiträume zu ermöglichen. Wenig überraschend ist, dass dieser
Wunsch - auch laut aktuellem Entwurf - wohl nicht in Erfüllung gehen wird. Hier
verschenkt die EZB erhebliches Innovationspotenzial und ignoriert die
Bedürfnisse der Unternehmen.
Ein weiteres potenzielles Hindernis im Zahlungsverkehr stellen die
Betragsgrenzen der Wallets dar. Die Mehrheit der Unternehmen spricht sich für
einen großzügigen Rahmen aus: Bei einem maximalen Volumen von 3.000 Euro ist die
Nutzung lediglich für 37 Prozent der Unternehmen wirklich interessant. Steigt
der Betrag auf 5.000 Euro, wollen bereits zwei von drei Unternehmen
Nutzungsmöglichkeiten anbieten. Bislang hat sich die EZB dazu noch nicht
positioniert, aber es wird spannend sein zu sehen, auf welche Betragsgrenzen sie
sich schlussendlich festlegen wird. Positiv ist jedoch zu bewerten, dass die
Wallet bei Überschreitung der Betragsgrenze über ein angeschlossenes
Zahlungskonto in Echtzeit wieder aufgeladen werden kann.
Für die Banken gibt es nichts zu gewinnen
Der Finanzsektor will - auch nach dem Willen der EZB - seine zentrale Funktion
im Zahlungsverkehr behalten. Dabei wird sich die Branche aber voraussichtlich
weiterhin auf die bereits bekannten Zahlungs- und Kartensysteme konzentrieren,
um ihren Kunden ergänzend dazu Cross-Selling-Angebote wie z.B.
Konsumentenkredite oder Versicherungen zu bieten.
Für ein ähnlich breites oder innovatives Dienstleistungsangebot bietet der
Digitale Euro kaum Spielraum. Neue Produkte oder Angebote könnten vor allem
durch eine einfachere und kostengünstigere Handhabung entwickelt werden.
Bezahlen mit einem Klick, ohne komplizierte Registrierungsprozesse oder
Adressangaben - das könnte vor allem für die Sharing Economy interessant sein
und Zugangshürden abbauen: Bei entsprechender Ausgestaltung könnte der Digitale
Euro den Bezahlvorgang deutlich vereinfachen, wenn Nutzer beispielsweise ein
Citybike ausleihen wollen, ohne sich vorher beim Anbieter registrieren zu
müssen.
Bleibt zumindest der potenzielle Kostenvorteil, allerdings äußert sich die EZB
dazu bislang nur nebulös. Um die Akzeptanz des Digitalen Euro bei Händlern und
Unternehmen zu erhöhen, sollten Zahlungsentgelte deutlich günstiger sein als bei
den US-amerikanischen Kartenanbietern oder alternativen Zahlungsmitteln. Dies
würde vor allem im Handel zu einer stärkeren Akzeptanz führen und auf
Konsumentenseite die Nutzung fördern.
Ein theoretischer Vorteil für die Verbraucher ist, dass im Gegensatz zu Guthaben
bei Geschäftsbanken praktisch kein Ausfallrisiko besteht, da eine Zentralbank
immer zahlungsfähig ist. Die Wallet wäre quasi ein "Zentralbankgeld-Konto" für
Bürgerinnen und Bürger, das per Karte oder App genutzt werden kann - allerdings
mit wenig Spielraum aufgrund der Betragsobergrenze. Zudem gilt das
Sicherheitsargument nur bedingt. Denn das theoretische Ausfallrisiko spielt
aufgrund der staatlichen Einlagensicherung von 100.000 Euro im Alltag keine
nennenswerte Rolle.
Fazit
"Der Digitale Euro wird seiner Rolle, die Möglichkeiten im Zahlungsverkehr zu
erweitern und die Komplexität zu reduzieren, nicht gerecht. Die Entwicklung
innovativer digitaler Dienste wird so verhindert. Die wenigen Anwendungsfälle
für einen Digitalen Euro werden weder Unternehmen noch private Nutzer
überzeugen. Denn ohne signifikanten Mehrwert bleibt das klassische Giro- oder
Geschäftskonto mit angeschlossener Debit- oder Kreditkarte (oder ein digitaler
Zahlungsanbieter) die sinnvollere Wahl. Nur ein 'Made in Europe' mit der EZB als
starker Marke dahinter wird die Bürgerinnen und Bürger nicht überzeugen", sagt
Cofinpro-Manager Philipp.
Über die Studie
Die von Cofinpro herausgegebene Studie Digitaler Euro wurde im Juli 2023
durchgeführt. Rund 225 Finanzentscheider aus mittelständischen Industrie-,
Handels- und Dienstleistungsunternehmen haben im Rahmen einer Online-Befragung
teilgenommen. Die Studie steht hier zum Download bereit.
(https://cofinpro.de/download/unternehmensumfrage-zum-digitalen-euro)
Über Cofinpro ( http://www.cofinpro.de )
Cofinpro unterstützt Deutschlands führende Banken und Fondsgesellschaften in der
Management-, Fach- und Technologieberatung. Zu den Kunden zählen große
Geschäfts-, Landes- und Förderbanken sowie die genossenschaftliche Finanzgruppe.
Gegründet 2007 als mitarbeitergetragene Aktiengesellschaft beschäftigt die
Unternehmensberatung inzwischen rund 250 Bank- und Technologieexperten. Das Haus
hat 2023 zum 13. Mal in Folge vom Great Place to Work® Institut die Auszeichnung
als einer der besten Arbeitgeber Deutschlands erhalten.
Pressekontakt:
corpNEWSmedia
Claudia Thöring
Redaktion
Tel.: +49 (0) 40 207 6969 82
E-Mail: mailto:claudia.thoering@corpnewsmedia.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/104351/5629291
OTS: Cofinpro AG

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