26.10.2014 22:22:47
|
OTS: Mittelbayerische Zeitung / Mittelbayerische Zeitung: Probleme klar ...
Mittelbayerische Zeitung: Probleme klar benennen - Der
Bankenstresstest muss Bankkunden keine Sorgen bereiten. Im Gegenteil:
Er schafft Transparenz.Von Daniela Weingärtner
Regensburg (ots) - Mal ganz ehrlich: Man muss schon Bilanzprüfer
oder Finanzexperte sein, um die hunderte Seiten umfassenden
Zahlenkolonnen interpretieren zu können, die Europäische
Bankenaufsicht und Europäische Zentralbank gestern in Frankfurt
veröffentlichten. Sie hatten die 130 größten Kreditinstitute des
Euroraums unter die Lupe genommen, die Bilanzen des vergangenen
Jahres überprüft und einen "Schwarzen Freitag" simuliert, um zu
sehen, ob im Krisenfall das Eigenkapital ausreicht, um verunsicherte
Gläubiger rasch auszuzahlen. 25 Bankhäuser hatten am Stichtag nicht
genug Eigenkapital, darunter die Münchner Hypo als einziges deutsches
Institut. Käme es erneut zu einer Finanzkrise wie nach der Pleite der
US-Investmentbank Lehman Brothers, würden die Rücklagen nicht
ausreichen, um trotz versiegender Kreditquellen allen Verpflichtungen
nachzukommen. Doch niemand muss sich jetzt um sein Erspartes sorgen,
auch die belgischen Bankkunden nicht, wo es gleich zwei Kredithäuser
traf. Erstens gilt für jeden Sparer in Europa die Garantie, dass
Einlagen bis zu 100 000 Euro aus einem Notfonds ersetzt werden. Und
zweitens droht diesen Banken Zahlungsunfähigkeit erst dann, wenn es
wieder zu einer Schockreaktion kommt wie 2008, als faule
Hypothekenkredite in den USA platzten. Der Stresstest soll dafür
sorgen, dass sich die Banken sanieren oder aufgelöst werden, bevor es
zur nächsten Krise kommt. Die Münchner Hypo war seit dem Stichtag der
Prüfung, dem 31. Dezember 2013, nicht untätig und hat ihr Kapital
bereits aufgestockt - wie auch elf weitere europäische Banken.
Deshalb würden nach heutigem Stand nur noch 13 Finanzinstitute beim
Test durchfallen. Auch Unternehmen wie die Deutsche Bank, die gar
nicht auf der Schwarzen Liste stand, haben ihre Eigenkapitalquote in
den letzten Monaten erhöht und damit ihre Prognose für Krisenzeiten
verbessert. Für den Bankkunden ohne spezielle Vorkenntnisse ist es in
vielen Fällen unmöglich, das Risiko seines Handelns einzuschätzen. Er
kann die Finger von Anleihen aus Krisenstaaten lassen und bei
auffällig hohen Renditen zwei Mal hinsehen. Er kann aber nicht die
Bilanz seiner Hausbank lesen und daraus ableiten, ob er dort Anleihen
zeichnen oder ein Sparbuch eröffnen sollte. Die Bank wiederum wird
ihre Eigenkapitalquote nur erhöhen, wenn ihr jemand auf die Finger
schaut. Denn Geld, das als Sicherheit herumliegt, bringt nichts ein
und kostet nur. Wer seine Produkte günstiger anbieten kann als die
Konkurrenz, lockt damit Kunden an. Doch die meisten Anleger wollen
nicht Lotto spielen. Der Stresstest gibt ihnen Orientierungshilfe.
Die EU-weite Bilanzprüfung schafft Transparenz und Vertrauen -
Grundvoraussetzung für eine gute Zusammenarbeit zwischen Kunden und
ihren Geldhäusern und für einen besseren Geldfluss der Institute
untereinander. Der eigentliche Skandal besteht darin, dass es ja auch
vor der Lehman-Pleite sehr wohl ein Aufsichtssystem gab. Jedes
EU-Land hatte seine Bankenaufsicht, in Deutschland war die Bafin
dafür verantwortlich, dass die Kredithäuser ihr Risiko im Griff
behielten. Die Europäische Bankenaufsicht EBA mit Sitz in London
sollte für den europäischen Überblick sorgen. Heute wissen wir, dass
diese Behörden nachlässig waren und vor unangenehmen Wahrheiten
zurückschreckten. Deshalb wurde in Rekordzeit ein neues Gremium bei
der Europäischen Zentralbank geschaffen, das vom 4. November an die
120 wichtigsten Banken der Eurozone gründlich überwachen soll. Wenn
die neuen Aufseher Probleme klar und deutlich benennen und sich im
Ernstfall nicht scheuen, die geregelte Abwicklung einer Bank
anzuordnen, dann ist das die beste Medizin gegen eine neuerliche
Finanzkrise.
OTS: Mittelbayerische Zeitung
newsroom: http://www.presseportal.de/pm/62544
newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!