15.06.2018 23:13:43
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Rheinische Post: Kommentar / Warum Seehofer recht hat - und Merkel auch = Von Michael Bröcker
Düsseldorf (ots) - Wenn es ernst wird in der CDU, trifft oft
Wolfgang Schäuble den richtigen Ton. Von einer "historischen Stunde"
sprach der CDU-Bundestagspräsident in der Fraktionssitzung. Seine
Botschaft: Wegen des Streits in der Asylpolitik darf nicht die
Bundesregierung zerbrechen, Europa wäre in der nächsten Krise. Der
erfahrenste Parlamentarier hat recht. Ein Ende der Koalition, die ja
schon nur unter Schmerzen gebildet wurde, wäre ein Desaster. Und
dass, obwohl Horst Seehofer in der Sache gute Argumente hat. Die
Zurückweisung von Flüchtlingen, die bereits in einem anderen EU-Land
aufgetreten sind, entspricht europäischem und deutschem Recht. Die
Dublin-Regel sieht das vor. Es war die Bundeskanzlerin, die im Sommer
2015 die Regel de facto außer Kraft gesetzt hatte und stets von einer
"Ausnahmesituation" sprach. Diese Ausnahme dauert nun drei Jahre. Nur
ein Bruchteil der Flüchtlinge aus sicheren EU-Staaten wird
zurückgebracht. 2017 waren es 7000 von 65.000. Diesen Asyl-Tourismus
wollte die Dublin-Regel ja verhindern. Solange sich Europa aber auf
kein einheitliches Asylsystem einigen kann, gilt Dublin. Das kann man
bedauern, es ist aber so. Seehofer fordert das, was längst Recht ist.
Das alles weiß natürlich auch Angela Merkel. Sie hat im
Koalitionsvertrag ja eine Steuerung und Ordnung in der
Flüchtlingsfrage versprochen. Warum so stur? Nun argumentiert die
Kanzlerin, dass die EU-Außenstaaten unter einer einseitigen deutschen
Maßnahme leiden würden. Das muss aber nicht sein. Die Zurückweisungen
würden sich herumsprechen und der Anreiz für Flüchtlinge sinken.
Zweitens ließen sich parallel zu den schärferen Grenzkontrollen
bilaterale Abkommen mit Ländern wie Spanien, Italien oder
Griechenland verhandeln. Darin könnte sich Deutschland auf
Kontingente verpflichten oder Hilfen in Aussicht stellen. Man kann
das eine tun, ohne das andere zu lassen. Angela Merkel hat
offensichtlich Sorge, dass das Bild, das von ihr 2015 weltweit
gezeichnet wurde, in sich zusammenbricht. "Mama Merkel". Dabei stellt
kaum einer ihre humanitäre Entscheidung, Flüchtlinge aus Budapest
einreisen zu lassen, infrage. Nur hätte man gerne ein Ende der
Ausnahmesituation. Die europäische Lösung ist richtig, aber man muss
sie irgendwann auch hinbekommen. Trotzdem: An einer Frist von zwei
Wochen kann eine Koalition nicht zerbrechen. Warum soll Angela Merkel
nicht die Zeit bekommen, die Zurückweisungen mit den europäischen
Partnern vorzubereiten? Die CSU sollte die Kanzlerin arbeiten lassen,
die Fußball-WM genießen, und wenn Deutschland als Weltmeister
zurückkommt, sind vielleicht alle etwas entspannter.
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Pressekontakt: Rheinische Post Redaktion
Telefon: (0211) 505-2621
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