14.11.2012 17:15:32
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ROUNDUP 2: Arbeitgeber darf Attest am ersten Krankheitstag fordern
In Deutschland gibt es laut Statistischem Bundesamt derzeit 37,2 Millionen Arbeitnehmer. Bundesweit waren Arbeitnehmer im vergangenen Jahr durchschnittlich 9,5 Arbeitstage krankgemeldet. Den niedrigsten Krankenstand der vergangenen 20 Jahre gab es 2007 mit rund 7,9 Fehltagen.
Die Regeln der Krankmeldung sind in Tarif- und Arbeitsverträgen festgehalten. Ob Arbeitgeber davon abweichende Weisungen treffen können, hängt von den Formulierungen in den Verträgen ab. Schließt der Tarifvertrag aber ausdrücklich eine Krankenscheinvorlage am ersten Tag aus, kann der Arbeitgeber sich auch nicht darüber hinwegsetzen.
Gesetzlich sind Beschäftigte dazu verpflichtet, ihren Arbeitgeber unverzüglich zu informieren, wenn sie wegen Krankheit ausfallen. Spätestens am vierten Krankheitstag muss eine entsprechende Bescheinigung vorliegen. Das Entgeltfortzahlungsgesetz räumt dem Arbeitgeber aber zugleich das Recht ein, schon früher einen Krankenschein einzufordern. Wird eine Bescheinigung am ersten Krankheitstag verlangt, muss diese theoretisch auch am ersten Tag im Unternehmen vorliegen. Ist das allerdings nicht möglich und für den kranken Mitarbeiter unzumutbar, reicht es, wenn der erste Krankheitstag mit dem Attest abgedeckt ist.
Mit dem Erfurter Urteil blieb die Klage einer leitenden Redakteurin des Westdeutschen Rundfunks (WDR) in Köln auch in der dritten Instanz erfolglos. Die 59-Jährige war nach einer Krankmeldung im November 2010 aufgefordert worden, künftig schon am ersten Krankheitstag ein Attest vorzulegen. Die Klägerin empfand diese Anweisung als Disziplinierungsmaßnahme, weil dies nicht für all Mitarbeiter galt. Dieser Auffassung folgten die Bundesrichter aber nicht.
"Arbeitgeber können unabhängig von einem objektiven Anlass die Vorlage eines Krankenscheins am ersten Tag verlangen", stellte Gerichtssprecherin Inken Gallner klar. Es bedürfe daher keines begründeten Verdachts, dass in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgetäuscht worden sei. Die vom Bundesarbeitsgericht getroffene Auslegung des Gesetzes gilt grundlegend für alle Arbeitsverhältnisse.
Der Anwalt der Klägerin bedauerte die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts. "Damit wird ein Gesetzestext zementiert, der aus unserer Sicht arbeitnehmerunfreundlich ist", sagte Rechtsanwalt Joachim Gärtner. Es bestehe die generelle Befürchtung, das Arbeitgeber das als Willkürmaßnahme missbrauchen könnten. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hingegen begrüßte die Entscheidung, die Rechtsklarheit schaffe. Auch beim Westdeutschen Rundfunk wurde das Urteil mit Zufriedenheit aufgenommen. Es zeige, dass das Vorgehen des WDR nicht zu beanstanden war, hieß es. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wollte sich nicht äußern./geh/DP/jkr
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