29.09.2016 17:54:40
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ROUNDUP 3: Commerzbank baut um und ab - Tausende Jobs fallen weg
(neu: Aussagen von der Gewerkschaft Verdi)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Ein harter Sparkurs und grundlegender Umbau soll die Commerzbank unter ihrem neuen Chef Martin Zielke aus der Krise führen. Bis Ende 2020 sollen unter dem Strich 7300 der derzeit gut 45 000 Vollzeitstellen wegfallen, wie das Institut am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. Dabei will der teilverstaatlichte DAX-Konzern 9600 Stellen streichen und gleichzeitig 2300 Jobs in Wachstumsfeldern schaffen. Die endgültigen Entscheidungen will der Vorstand nach Beratungen mit dem Aufsichtsrat an diesem Freitag (30.09.) treffen.
Ob es betriebsbedingte Kündigungen geben wird, ließ die Bank zunächst offen. Sie rechnet damit, dass das Sparprogramm über die Jahre rund 1,1 Milliarden Euro etwa für Abfindungen kosten wird. Um dies zu finanzieren, müssen die Aktionäre - entgegen bisheriger Pläne - vorerst auf eine Dividende verzichten.
BÖRSE IST SKEPTISCH
Ein Großteil der "Strategie Commerzbank 4.0" war bereits in den vergangenen Tagen durchgesickert. Die Börse reagierte am Donnerstag ernüchtert: Commerzbank-Aktien gaben nach der Mitteilung zur neuen Strategie ihre vorherigen Gewinne ab und drehten ins Minus.
Mit dem Umbau stemmt sich der seit Mai amtierende Zielke gegen den neuerlichen Gewinnschwund. Das Institut kämpft wie die Konkurrenz mit den Folgen des anhaltenden Zinstiefs und verschärften Auflagen der Aufseher. Im ersten Halbjahr brach der Überschuss im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als 40 Prozent auf 372 Millionen Euro ein. Schon in den vergangenen drei Jahren hatte die Bank unter Zielkes Amtsvorgänger Martin Blessing etwa 5000 Stellen gestrichen.
NUR NOCH ZWEI SÄULEN
Künftig will sich die Commerzbank auf zwei Geschäftsfelder konzentrieren: Privat- und Firmenkunden. Dazu werden die Segmente Mittelstandsbank und Investmentbanking gebündelt, das schwankungsanfällige Handelsgeschäft wird eingedampft. Zudem sollen kleinere Unternehmenskunden künftig vom Privatkundenbereich betreut werden. So will das Management Risiken reduzieren.
Auch Investitionen sind geplant. So will die Bank ihre Aufgaben massiv automatisieren. Rund 80 Prozent der Prozesse sollten künftig digital ablaufen. Davon verspricht sich das Management "signifikante Effizienzgewinne". An ihrem im Branchenvergleich umfangreichen Filialnetz will die Commerzbank nach früheren Aussagen festhalten.
GEWERKSCHAFT FORDERT 'BELASTBARE ERKLÄRUNG'
Die Gewerkschaft Verdi reagierte skeptisch auf die Pläne - vor allem dürfe es nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommen. "Angesichts der Dimension des geplanten Umbaus ist der Vorstand aufgefordert, vor Aufnahme der Verhandlungen gegenüber der Belegschaft eine belastbare Erklärung zum sozialverträglichen Umgang und zur Vorgehensweise abzugeben", betonte Christoph Meister aus dem Bundesvorstand. Es habe bereits viele Jobverluste in den vorigen Jahren gegeben.
"Der Vorstand muss jetzt aufzeigen, dass sich die anhaltende Niedrigzinsphase, Digitalisierung und Regulierung nicht zu einem gefährlichen Gift-Cocktail für gut qualifizierte Bankbeschäftigte entwickeln", verlangte der Gewerkschafter. Grundsätzliche Zustimmung signalisierte Meister aber mit Blick auf die Strategie insgesamt: Der geplante Schwerpunkt auf Privat- und Firmenkunden könne auch die Filialen stärken. Es bestünden aber noch viele Unklarheiten.
HOHE ABSCHREIBUNGEN UND VERLUST IM QUARTAL
Im Zuge des neuerlichen Schrumpfkurses muss die Bank bereits in der Bilanz für das dritte Quartal Abschreibungen von rund 700 Millionen Euro vornehmen. Deshalb erwartet sie in der Zwischenbilanz einen Verlust. Für das Gesamtjahr rechnet sie mit einem kleinen Überschuss.
Angesichts des Drucks durch die niedrigen Zinsen sagt die Bank keine großen Sprüngen bei den Einnahmen voraus. Die Erträge sollen 2020 bei 9,8 bis 10,3 Milliarden Euro landen, 2015 waren es knapp 9,8 Milliarden. Daher setzt die Bank zur Verbesserung der Profitabilität den Rotstift an. Durch das Sparprogramm sollen die jährlichen Kosten von zuletzt 7,1 auf 6,5 Milliarden Euro sinken. Damit könnte das Verhältnis der Kosten zum Ertrag unter 66 Prozent sinken.
KAPITALPOLSTER SOLLEN DICKER WERDEN
Für den Fall wieder steigender Zinsen stellt die Commerzbank Erträge von mehr als 11 Milliarden Euro in Aussicht. Dann könnte die Aufwandsquote auf unter 60 Prozent fallen. Viele Analysten hatten in den vergangenen Jahren bemängelt, dass die Bank mehr Geld als die meisten internationalen Konkurrenten für Erträge aufwenden musste.
Durch den Umbau will sie auch ihre Kapitalpolster stärken. Nach einem Rückgang der harten Kernkapitalquote im zweiten Quartal auf 11,5 Prozent soll der Puffer gegen Schieflagen schon im dritten Quartal wieder steigen. Zum Jahresende rechnet die Bank mit einer Quote von knapp 12 Prozent. Bis 2020 soll der Wert, der die Risikopositionen ins Verhältnis zum Eigenkapital setzt, auf über 13 Prozent steigen.
LANGSAME ERHOLUNG NACH DER FINANZKRISE
Die Commerzbank war nach der riskanten Übernahme der Dresdner Bank kurz vor dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 ins Schleudern geraten. Mit mehr als 18 Milliarden Euro Steuergeldern rettete sie der Staat, bis heute ist der Bund mit gut 15 Prozent an der Bank beteiligt. Von den Folgen der Krise erholte sich der Konzern nur langsam.
2015 jedoch schrieb die Commerzbank wieder einen Milliardengewinn, und der langjährige Vorstandschef Blessing konnte sich im Frühjahr mit der ersten Dividende seit 2007 verabschieden. Doch schon damals wackelte das Vorhaben, den Milliardengewinn 2016 zu wiederholen./enl/ben/DP/tos
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