17.03.2017 18:38:41

ROUNDUP: Ein Jahr Flüchtlingspakt mit der Türkei - EU veröffentlicht Zahlen

BRÜSSEL/BERLIN (dpa-AFX) - Ein Jahr nach Unterzeichnung des Flüchtlingspakts der Europäischen Union mit der Türkei hat die Bundesregierung ein positives Fazit gezogen. "Wir betrachten das als einen gemeinsamen Erfolg", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Freitag in Berlin. "Und die Vereinbarung funktioniert, unter anderem hat sie dazu geführt, dass das Sterben in der Ägäis und das illegale Schlepperwesen in diesem Raum deutlich zurückgegangen ist." Der Flüchtlingspakt war am 18. März 2016 geschlossen worden.

Auch die EU-Kommission sieht das Abkommen als Erfolg. Denn die Zahl der Migranten, die von der Türkei aus Griechenland - und damit europäischen Boden - erreichen, ist deutlich gesunken. Inwiefern dies auf die weitgehende Schließung der Balkanroute oder auf den Flüchtlingspakt zurückzuführen ist, ist allerdings schwer zu sagen. Die Abriegelung der Balkanroute sorgt bis heute dafür, dass es nur noch wenige Migranten schaffen, von Griechenland weiter in ihre Zielländer in Westeuropa zu gelangen.

Das Verhältnis der Türkei zu EU-Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden hat sich zuletzt deutlich verschlechtert. Hintergrund ist der Streit um türkische Wahlkampfauftritte in Europa für eine umstrittene Verfassungsreform, die Präsident Recep Tayyip Erdogan mehr Macht geben würde. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu drohte, Flüchtlinge aus seinem Land über die Grenze in die EU zu schicken. Die Türkei hat rund drei Millionen Flüchtlinge aufgenommen, darunter viele Syrer.

Nach Angaben der EU-Kommission kamen in den vergangenen zwölf Monaten nur noch 27 711 Menschen aus der Türkei nach Griechenland. Im gleichen Zeitraum ein Jahr davor seien es noch 988 703 gewesen. Die Zahl der bei der Flucht gestorbenen Menschen sank nach Angaben der Kommission von 1145 auf 80.

Der Flüchtlingspakt sieht unter anderem vor, dass die EU alle Migranten, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen, zurückschicken kann, sofern sie nicht Asyl bekommen. Im Gegenzug sagte die EU unter anderem zu, nach Erfüllung von 72 Voraussetzungen die Visumpflicht für türkische Staatsbürger aufzuheben.

Um den letzten Punkt gibt es seit Monaten heftigen Streit, in dem Ankara bereits mehrfach mit der Aufkündigung des Flüchtlingspakts gedroht hat. In der Auseinandersetzung geht es vor allem darum, dass die Türkei nach dem Putschversuch im vergangenen Sommer nicht ihre Anti-Terror-Gesetze ändern will. Die derzeitigen Anti-Terror-Gesetze können nach EU-Auffassung auch zur Verfolgung von Journalisten und Andersdenkenden missbraucht werden.

Bundestagspräsident Norbert Lammert sieht das Abkommen trotz der Spannungen zwischen der EU und der Türkei nicht in Gefahr. "Ich habe kein Indiz dafür, dass es auf türkischer Seite jetzt ein geringeres Interesse an dieser Vereinbarung gibt als vor einem Jahr", sagte der CDU-Politiker am Rande eines Treffens der EU-Parlamentspräsidenten in Rom.

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef kritisierte, die Schließung der Balkanroute und der Flüchtlingspakt hätten vor allem Kinder in eine prekäre Lage gebracht. Mehr Familien wendeten sich in ihrer Not an Menschenschmuggler und damit seien Kinder größeren Gefahren auf gefährlicheren Routen ausgesetzt./laj/DP/das

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