13.04.2016 17:48:40
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ROUNDUP/Ostländer: Bund soll Weichen für weitere Ost/West-Angleichung stellen
STOLPE (dpa-AFX) - Die Ost-Regierungschefs drücken bei der weiteren Angleichung von Lebensverhältnissen und Rente im Osten Deutschlands an das Westniveau aufs Tempo. Noch in dieser Legislaturperiode soll der Bundestag ein Rentenüberleitungsgesetz beschließen, in dem ein verbindlicher Fahrplan zur vollständigen Angleichung der Ost- an die Westrenten festgeschrieben wird. Das forderten die Ministerpräsidenten am Mittwoch nach ihrem turnusmäßigen Treffen im vorpommerschen Stolpe.
Zudem müsse die Bundesregierung noch vor der Bundestagswahl 2017 und unabhängig von den Verhandlungen über den Bund-Länder-Finanzausgleich die Grundlagen für ein gesamtdeutsches System zur Förderung strukturschwacher Regionen ab 2020 schaffen. Die derzeitige Mittelausstattung der ostdeutschen Regionen solle nach dem Auslaufen des Solidarpaktes mindestens erhalten bleiben, heißt es in einem gemeinsamen Beschluss.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die an dem Treffen teilnahm, sicherte den Ostländern bei der Lösung ihrer Probleme weitere Unterstützung zu. Es gebe "ein hohes Maß an Übereinstimmung", sagte sie nach dem etwa einstündigen Gespräch mit den Ost-Ministerpräsidenten und dem regierenden Bürgermeister von Berlin. Der Bund sei bereit, den Ländern in ihrem Wunsch nach Unterstützung strukturschwacher Regionen über die Zeit des 2019 auslaufenden Solidarpaktes hinaus nachzukommen. "Es gibt nach wie vor strukturelle Komponenten zwischen Ost und West, die es rechtfertigen, einige Akzente so zu setzen, dass die neuen Länder eine gute Chance haben, auch im nächsten Jahrzehnt weiter aufzuholen", sagte Merkel.
In Kürze soll es laut Kanzlerin ein Treffen der Parlamentarischen Staatssekretärin und Beauftragte für die neuen Länder, Iris Gleicke, mit den Ost-Regierungschefs zur künftigen Regionalförderung geben. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) begrüßte, dass bereits Eckpunkte für ein neues Fördersystem vorliegen. "Der Osten hat sich gut entwickelt. Es gibt Regionen, die weitgehend aufgeschlossen haben, aber auch noch solche mit hoher Arbeitslosigkeit und niedriger Wirtschaftskraft, die weitere Unterstützung brauchen." Nach Ansicht der Ost-Regierungschefs ist die Finanzhilfe erforderlich, um die "in weiten Teilen Ostdeutschlands" fortbestehende Strukturschwäche abzufedern, heißt es in dem Beschluss.
Merkel kündigte für den Sommer einen Bericht der Bundesregierung zur Rentensituation in Ostdeutschland an. Danach werde entschieden, wie das Ziel, ab 2020 ein einheitliches Rentenniveau in Ost und West zu haben, erreicht werden könne. "Da liegt Arbeit vor uns. Aber der Rahmen ist gemeinsam definiert", sagte Merkel. Derzeit erreicht das Rentenniveau im Osten wegen der niedrigeren Löhne erst 92,6 Prozent. Zur Angleichung halten die Ministerpräsidenten einen zusätzlichen Zwischenschritt im Jahr 2017 für erforderlich.
Unzufrieden zeigten sich die Ost-Ministerpräsidenten mit der ungleichen Verteilung der Ökostromlasten und den Plänen zur Verteilung der Regionalisierungsmittel für den öffentlichen Personen-Nahverkehr. Sie forderten die Bundesregierung in einem Papier auf, jährlich 300 Millionen Euro mehr bereitzustellen, um "unzumutbare Einschnitte in der Versorgung mit Nahverkehrsdienstleistungen zu vermeiden."
Vor allem west- und süddeutsche Bundesländer haben mehr Geld des Bundes für den Nahverkehr für sich reklamiert. Die bisherigen Planungen zur Mittelverteilung würden aber "eindeutig zu einer Benachteiligung der ostdeutschen Länder" führen, stellte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) fest und forderte Korrekturen. Merkel habe Unterstützung zugesichert. "Sie möchte keine Zweiteilung Deutschlands", berichtete Tillich aus dem Gespräch.
Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) hatte bei dem Treffen mit seinen Amtskollegen erneut die bessere Entschädigung von Zwangsausgesiedelten aus dem DDR-Grenzgebiet zum Thema gemacht, sieht nach eigenen Angaben aber noch weiteren Gesprächsbedarf. "Es ist Unrecht geschehen, es bedarf einer Antwort", sagte Ramelow. Vereinbart worden sei, das Thüringen einen Themenkatalog zu Aspekten von DDR-Unrecht den Staatskanzleien in Ostdeutschland zur weiteren Diskussion in Fachrunden vorlege. In 80 Prozent der Fälle seien akzeptable Regelungen getroffen worden. Vielfach hätten Zwangsausgesiedelte ihre Häuser zurück. "Aber 20 Prozent der Fälle sollten nochmals angegangen werden. Dort gibt es auch materielle Probleme", sagte Ramelow./fp/DP/men

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