02.11.2021 15:58:40

S&P: Basel 3 lässt Kapitalanforderungen europäischer Banken sinken

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Umsetzung der Eigenkapitalrichtlinie Basel 3 wird die Eigenkapitalanforderungen an EU-Banken nach Einschätzung von Standard & Poor's (S&P) nicht steigen sondern sinken lassen. S&P begründet diese Einschätzung damit, dass die Institute deutlich stärkere Auswirkungen von Basel 3 erwartet hätten und nun Eigenkapital abbauen könnten. "Die wahrscheinlichen Abweichungen in der EU von den globalen Standards werden den Anstieg der risikogewichteten Aktiva auf einen einstelligen Prozentbereich begrenzen", heißt es in der Analyse der Ratingagentur.

Und weiter: "Dies untermauert unsere Grunderwartung, dass der Hochpunkt der regulatorischen Kapitalanforderungen in Europa bereits hinter uns liegt." Angesichts der regulatorischen Kapitalpuffer, die viele europäische Banken über die derzeitigen Anforderungen hinaus aufgebaut hätten, könnte sich der jüngste Trend einer erneuten Kapitalverteilung laut S&P verstärken. "Das Tempo wird unter anderem von der Haltung der Regulierungsbehörden in Bezug auf variable Anforderungen, einschließlich Säule 2 und antizyklischer Puffer, abhängen."

Die risikogewichteten Aktiva sind die risikoadjustierten Forderungen der Banken, an denen sich die Eigenkapitalanforderungen bemessen. Die EU-Kommission hatte in der vergangenen Woche beschlossen, einem Vorschlag des Baseler Ausschusses zu folgen und die Möglichkeit der Banken zum Kleinrechnen ihrer Risikoaktiva deutlich zu begrenzen. Die mit internen Modellen berechneten Risikoaktiva müssen demnach mindestens 72,5 Prozent der mit einem sogenannten Standardansatz berechneten Aktiva entsprechen. Diese Begrenzung wird Output Floor genannt.

Die deutsche Kreditwirtschaft war gegen diesen Punkt der Eigenkapitalrichtlinie erfolglos Sturm gelaufen. S&P konzentriert sich in der Stellungnahme auf einen anderen Aspekt des Pakets. Die Ratingagentur weist darauf hin, dass der Kommissionsvorschlag eine Abkehr von "Basel" darstelle, weil er vorschlage, eine neue Klasse von Hypotheken mit geringem Risiko zu schaffen, die im Rahmen des Standardansatzes zur Messung der Risikoaktiva eine vorteilhafte Behandlung erfahren würde.

"Mit anderen Worten, er bezieht sich auf die Asset-Klasse, bei der der Output Floor aus Sicht der europäischen Banken am umstrittensten war." Ebenso weiche er von den Basler Empfehlungen ab, indem er ein niedrigeres standardisiertes Risikogewicht für nicht geratete Unternehmen vorschlage, die als risikoarm eingestuft würden.

"Diese beiden größeren Abweichungen, die derzeit nur für die Übergangsphase des Output-Floors geplant sind, würden wiederum einen Großteil der impliziten Wirkung des Output-Floors bis 2030 zunichtemachen", merkt S&P an. Es bleibe abzuwarten, ob diese Abweichungen und zusätzlichen Verzögerungen bei der Umsetzung der Regeln bestimmte Länder außerhalb der EU ermutigen würden, die Umsetzung der 2017 weltweit vereinbarten Überarbeitungen der Basler Standards ebenfalls wesentlich anzupassen oder wesentlich zu verzögern.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

DJG/hab/jhe

(END) Dow Jones Newswires

November 02, 2021 10:58 ET (14:58 GMT)

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