10.06.2014 22:25:58
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Schwäbische Zeitung: Die Freiheit des Bundespräsidenten - Leitartikel
Zum konkreten Fall: Joachim Gauck hat NPD-Anhänger vor Schülern "Spinner" genannt. Es war, das steht jetzt höchstrichterlich fest, sein gutes Recht. Mit der Verpflichtung zu parteipolitischer Neutralität konnte nie gemeint sein, dass ein Bundespräsident krasse Fehlentwicklungen in der Gesellschaft nicht beim Namen nennen darf. Es konnte auch nicht gemeint sein, dass die Umtriebe einer verfassungsfeindlichen Partei, deren Verbot seit Jahren diskutiert wird, nicht kommentiert werden dürfen. Anzumerken wäre allenfalls, dass Gauck hier noch die mildeste Form einer Qualifizierung für den menschenfeindlichen Mob gewählt hat.
Unpolitische Präsidenten waren auch die Vorgänger Joachim Gaucks nicht. Aber noch mehr als ihnen ist dem Ostdeutschen die Freiheit des in Worte gefassten Gedankens ein inneres Bedürfnis - auch wenn es um aktuelle politische Entwicklungen und Probleme geht. Das hat er zuletzt nachdrücklich bei seinem Staatsbesuch in der Türkei unter Beweis gestellt. Seine Art der Amtsführung ist durchaus ein Balanceakt. Er muss über dem parteipolitischen Gezänk stehen, er darf sich nicht auf die eine oder andere Seite schlagen, er muss - in diesem Sinne - neutral sein. Aber wenn es um Grundsätzliches geht, dann darf und soll er sich zu Wort melden. Die Verfassungsrichter haben dies nicht nur bestätigt, man kann das Urteil sogar als Ermunterung zur Einmischung lesen. Im medialen tagespolitischen Getöse ist es vielleicht wichtiger als früher, dass ein Bundespräsident das Format hat, Richtiges zu sagen. Gauck hat es.
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