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10.08.2014 19:13:58

Schwäbische Zeitung: Leitartikel zu Irak - Wegschauen geht nicht mehr

Ravensburg (ots) - Allzu lange ist es noch nicht her, da wurde Joachim Gauck vom Linken-Abgeordneten Norbert Müller als "widerlicher Kriegshetzer" beschimpft. Anlass: Der Bundespräsident hatte gesagt, zur Verteidigung der Menschenrechte könne im äußersten Notfall auch der Einsatz von Waffen geboten sein. Wer sich das barbarische Treiben der Mörderbande "Islamischer Staat" (IS) vor Augen führt - das einem zumindest versuchten Völkermord an Christen und Jesiden gleichkommt
, der hat den realen Bezug zu Gaucks Worten. Anders gesagt: Pazifismus kann auch von einer erbärmlich mitleidlosen Verstocktheit und Blindheit begleitet sein. Es ist ein Glück im unsäglichen Unglück, dass die Vereinigten Staaten jetzt eingegriffen haben und die Steinzeit-Islamisten im Irak bekämpfen.

Den Christen im Nahen Osten geht es seit Jahren zunehmend schlecht. Fast überall werden sie drangsaliert, oft mit dem Tod bedroht und vertrieben. Nur wenige westliche Politiker nennen diesen Skandal einen Skandal, eine breite Protest- und Solidarisierungswelle in Europa bleibt aus. Auch die Christen in Europa nehmen die Leiden ihrer Glaubensschwestern und -brüder eher achselzuckend zur Kenntnis. Man hat sich irgendwie daran gewöhnt - als gehörten die Verfolgungen zur Begleitfolklore islamistischer Umtriebe. Das ist ein merkwürdiges, ein schlimmes Phänomen. Jetzt aber hat der Terror eine neue, eine beispiellose Qualität erreicht.

Und er wird auch ein deutsches Problem werden. Nein: Er ist es bereits. Dschihadisten reisen von hier aus nach Syrien oder in den Irak, sie prahlen im Internet mit widerlichsten Verbrechen - und irgendwann kommen sie halt wieder zurück. Dass es in der vergangenen Woche Sympathisanten der IS-Mörder gewagt haben, friedlich demonstrierende Jesiden in Herford anzugreifen, ist zusätzlich alarmierend. Viel zu lange haben nicht nur Sicherheitsbehörden, sondern auch Politik und Gesellschaft die militante Radikalisierung Hunderter junger Islamisten einfach hingenommen. Wegschauen geht jetzt aber nicht mehr.

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Pressekontakt: Schwäbische Zeitung Redaktion Telefon: 0751/2955 1500 redaktion@schwaebische-zeitung.de

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