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24.06.2013 21:23:58

Schwäbische Zeitung: Skandalöse Maßlosigkeit - Leitartikel

Ravensburg (ots) - Der Riese Argos, der im Auftrag der eifersüchtigen Hera die Geliebte des Zeus bewachte, muss ein ziemlich grusliger Typ gewesen sein: Er hatte 100 oder noch mehr Augen, von denen stets eine Hälfte schlief, während die andere wach war. Die so entstandene Möglichkeit einer lückenlosen Überwachung brachte ihm den Beinamen Panoptes ein - der Allesseher. Verglichen mit den Allessehern, Alleshörern und Alleslesern der US-amerikanischen und britischen Geheimdienste ist der Riese Argos aber ein ziemliches Leichtgewicht. Das ist mit jeder neuen Enthüllung des Informanten Edward Snowden leider noch deutlicher geworden.

Auch wenn zig Millionen deutscher Internetnutzer sich mehr oder weniger bewusst damit arrangiert haben, dass aus ihren Aktivitäten im Netz wertvolle Nutzerprofile erstellt und verkauft werden: Das Ausmaß der Datensammelwut der amerikanischen NSA und des britischen GCHQ muss empören, der Sicherheitsfetisch der angloamerikanischen Geheimdienste zu Lasten unserer Bürger muss schockieren. Dass die deutsche Politik angesichts dieses historischen Skandals über alle Parteigrenzen hinweg nachdrücklich den Stopp dieses orwell'schen Überwachungsszenarios fordert, ist demnach zunächst wenig mehr als eine Selbstverständlichkeit.

Vor der anstehenden Bundestagswahl müssen die politischen Lager vielmehr noch deutlicher erklären, welche gesetzlichen Befugnisse und welche finanziellen Mittel sie den eigenen deutschen Geheimdiensten für die Internetüberwachung künftig an die Hand geben wollen. Sie müssen sagen, wie sie den schwierigen Spagat zwischen Sicherheit und Freiheit zu schaffen gedenken. Denn es ist richtig und zeitgemäß, wenn die Sicherheitsbehörden sich im 21. Jahrhundert auch und verstärkt im Internet auf die Jagd nach Terroristen machen. Es ist aber gleichzeitig grundfalsch, wenn sie dabei von übertriebenen Ängsten oder Vorurteilen geleitet sind. Dann ist ein Überwachungsexzess programmiert. Und der ist in einer offenen Demokratie nicht hinnehmbar.

Originaltext: Schwäbische Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/102275 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_102275.rss2

Pressekontakt: Schwäbische Zeitung Redaktion Telefon: 0751/2955 1500 redaktion@schwaebische-zeitung.de

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