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04.08.2016 19:32:37

Schwäbische Zeitung: Wie mit Putin so mit Erdogan: Kommentar zu den Äußerungen von Österreichs Bundeskanzler

Ravensburg (ots) - Manchmal tut es ganz gut, wenn einer im politischen Betrieb ein Tabu bricht und sagt, was alle denken. Österreichs Bundeskanzler Christian Kern hat nun ausgesprochen, was die meisten in der EU seit Langem wissen: Die Türkei gehört nicht dazu.

Bis Recep Tayyip Erdogan vor einem Jahr für die EU-Flüchtlingspolitiker immer wichtiger wurde, hatten sich auch viele Türken damit abgefunden, dass mehr als eine Visaliberalisierung und Handelserleichterungen im Verhältnis zu Europa wohl nicht drin sind. Erdogan und seine Partei verstärkten die regionalen Kooperationen mit Arabien und Afrika, nicht zuletzt auch mit Russland. Wenn die Europäer einen nicht wollen, so die Meinung in Ankara, treibt man eben Handel mit anderen und bietet denen noch sein Modell einer islamischen Demokratie an.

Die Türkei ist, seit Europa gemerkt hat, dass man das Land als Bollwerk gegen Flüchtlinge und Terroristen braucht, sicher nicht demokratischer geworden. Erdogan, dessen AKP im Juni 2015 noch eine Wahlschlappe erlitt, ist wie Phoenix aus der Asche gestiegen. Aber darum ist er doch kein Partner geworden, auf den Verlass wäre. Nun, wo ausgesprochen ist, was alle wissen, stellt sich die Frage, wie man mit Erdogan umgehen soll. Er geriert sich wie der Herrscher über ein mächtiges Weltreich: Die Deutschen würden den Terror der Kurden unterstützen, tönt er; die italienische Polizei solle sich lieber um die Mafia kümmern statt um Geldwäscheermittlungen gegen seinen Sohn. Den mangelnden Respekt vor demokratischen Institutionen, vor der Unabhängigkeit von europäischen Gerichten, hat er mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gemein.

Und mit dem hat besonders Bundeskanzlerin Angela Merkel umzugehen gelernt. Dass unter ihrer Führung Putin an den Verhandlungstisch über die Ukraine kam, ist dem Konzept aus klarer Kante und Dialogbereitschaft zuzuschreiben.

Ein solches braucht es nun dringend für den Umgang mit dem türkischen Präsidenten.

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Pressekontakt: Schwäbische Zeitung Redaktion Telefon: 0751/2955 1500 redaktion@schwaebische-zeitung.de

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