29.01.2017 15:37:41

Sparverträge laut Zeitungsbericht wegen Niedrigzinsen unter Druck

FRANKFURT/BERLIN (dpa-AFX) - Die anhaltenden Niedrigzinsen in Europa bedrohen nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung weitere Sparverträge. Wie das Blatt am Samstag schrieb, müssen sich Kunden von Banken und Sparkassen mit Kündigungen auseinandersetzen, weil die Institute einst hohe Zinszusagen aus Altverträgen nur noch schwer finanzieren können. "Tausende Verbraucher erhalten die Kündigung, werden in andere Anlagen gedrängt", hieß es in dem Bericht, der auch Beispiele nannte. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband war bis Samstagmittag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Fälle, in denen Banken aus zum Teil hochverzinsten Verträgen aussteigen wollten, sind bereits früher bekannt geworden. So hatte sich die Ulmer Sparkasse vor einem Jahr nach langem Streit außergerichtlich mit Sparern geeinigt. Sie wollte wegen des anhaltenden Zinstiefs Tausende Kunden aus sogenannten Scala-Verträgen herauslocken. Mitte November scheiterte die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt vorerst in einem Prozess gegen die Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld - das Institut hatte argumentiert, Kündigungen seien bei fehlenden Mindestlaufzeiten im Vertrag möglich.

"Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Realzinsen noch lange negativ sein werden", sagte der Frankfurter Bankier Emmerich Müller der Deutschen Presse-Agentur. Der fürs operative Geschäft zuständige Partner des 1674 gegründeten Bankhauses Metzler rechnet nicht mit einer Zinswende in absehbarer Zeit. "Wir haben es mit einer Lastenverteilung zu Lasten der Sparer und Investoren zu tun."

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist seit der jüngsten Finanzkrise 2007/2008 im Krisenmodus - und legt sich bisher nicht darauf fest, ab wann sie ihre extrem weit geöffneten Geldschleusen wieder schließen wird. Viele Volkswirte interpretierten die jüngste Entscheidung der Notenbank, ab April nur noch 60 Milliarden statt 80 Milliarden Euro in Staatsanleihen und andere Wertpapiere zu stecken, zumindest als erstes Signal für eine langsame Rückkehr zur Normalität.

Metzler-Bankier Müller meint jedoch: "Es ist verfrüht, auf einen Ausstieg der EZB aus ihrer ultralockeren Geldpolitik zu setzen. Dafür liegen noch zu viele politische Unsicherheiten vor uns." Der neue US-Präsident Donald Trump lasse noch viele Fragen offen, der Zeitplan für den britischen EU-Austritt könne ins Wanken geraten, nachdem die Regierung nun die Zustimmung des Parlaments einholen müsse.

Für Sparer gelte: "Eine höhere Aktienquote ist langfristig empfehlenswert, um der schleichenden Entwertung des Nominalvermögens entgegenzuwirken - auch wenn man natürlich damit rechnen muss, dass die politische Unsicherheit kurzfristig für erhöhte Schwankungen sorgen kann."

Bei den Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland ist die Sorge vor Populisten groß. "Wir haben es mit einer Situation hoher politischer Unsicherheit zu tun - erstmals seit langer Zeit", sagte Müller. "Es könnte sein, dass wir am längeren Ende - bei zehnjährigen Anleihen - in Europa leicht steigende Nominalzinsen sehen werden. Das ändert aber nichts daran, dass der Zins, den bonitätsstarke Schuldner da zahlen, niedriger ist als die Inflation."

Der steigende Bedarf nach Beratung bei der Altersvorsorge in Zeiten des Zinstiefs komme der Branche zugute. "Das Pensionsmanagement entwickelt sich weiterhin sehr gut, da sehen wir noch starkes Wachstumspotenzial", sagte Müller. Insgesamt sei Metzler mit dem abgelaufenen Jahr zufrieden: "Wir wachsen weiterhin organisch."/ben/DP/he

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