Flugschreiber übergeben 22.07.2014 08:42:32

Ukraine: Durchbruch im Drama um Flug MH17

Wie der malaysische Ministerpräsident am Montag mitteilte, übergab Rebellenführer Alexander Borodei die Flugschreiber und den Stimmrekorder des Unglücksflugzeugs an Vertreter Malaysias und ordnete an, dass die Leichen der Opfer in die Niederlande überführt werden.

   Außerdem verhängte Borodei eine unilaterale Waffenruhe am Absturzort, damit niederländische Sicherheitskräfte und andere ausländische Wachleute - allerdings keine ukrainischen - die internationalen Absturzermittler bei der Spurensuche unterstützen können. Damit verengt sich der Fokus - sowohl an der Absturzstelle als auch in der internationalen Diplomatie - auf die Frage, wer den Jet am Donnerstag abgeschossen hat.

   Ein Zug fährt die sterblichen Überreste von rund 280 Passagieren nun von Tores - einem Ort im Rebellengebiet, etwa 20 Kilometer von der Absturzstelle entfernt - nach Charkiw. Diese Stadt untersteht weiterhin der ukrainischen Regierung und dort schwelen keine Kämpfe. Nach Angaben des niederländischen Premiers Mark Rutte werden die Leichen von Charkiw aus in die Niederlande überführt.

   Am Montagabend verurteilte der UN-Sicherheitsrat in einer Resolution den Abschuss des Passagierflugzeugs "auf das Schärfste". In dem Text werden die Separatisten aufgefordert, den Ermittlern freien Zugang zur Absturzstelle zu gewähren und deren "Integrität" zu bewahren. Auch Russland hatte für diese Resolution gestimmt.

   US-Präsident Barack Obama beschuldigte Russland indes direkt, die Rebellen mit Flugabwehr-Waffen und anderer militärischer Ausrüstung versorgt zu haben. Weiter sagte Obama, der russische Präsident Wladimir Putin habe eine "direkte Verantwortung", die Separatisten zur Kooperation zu bewegen.

   Russland müsse nun dafür sorgen, dass die Separatisten aufhören, die Beweislage zu verfälschen, und dass sie Ermittlern den "sofortigen, vollen und ungehinderten" Zugang zum Absturzort gewähren, sagte Obama. "Die Separatisten und die russischen Unterstützer sind verantwortlich für die Sicherheit der Ermittler, die ihre Arbeit machen."

   Russland selbst hat inzwischen seine eigene Version der Geschehnisse veröffentlicht, wonach möglicherweise ein ukrainischer Kampfjet den Flugzeugabsturz verursacht hat. Allerdings erhob Russland keine Vorwürfe.

   193 niederländische Staatsbürger starben bei dem Absturz. Die Linienmaschine war mit 298 Passagieren und Besatzung unterwegs von Amsterdam nach Kuala Lumpur, als sie am Donnerstag über Rebellengebiet abgeschossen wurde.

   133 Experten warten auf Zugang zur Absturzstelle

   Vertreter der US-Regierung stützen sich auf eigene Erkenntnisse, wonach die Rebellen mit einer Rakete aus Russland auf das Flugzeug geschossen haben. Russland beschuldigt die Ukraine, einen Krieg angefangen zu haben, der indirekt zu dem Absturz führte - aber hat die ukrainischen Truppen nicht offiziell beschuldigt, das Flugzeug abgeschossen zu haben. Die Ukraine wiederum bestreitet, jemals während des Krieges Boden-Luft-Raketen benutzt zu haben, und beschuldigt Russland, einen Krieg innerhalb der ukrainischen Grenzen geschürt zu haben.

   Mehr als 200 Malaysier wurden in die Ukraine entsandt, um bei den Ermittlungen und der Bergung der Leichen zu helfen, erklärte Malaysia Airlines - auch der Vorstandschef und Aufsichtsratsvorsitzende der Airline. Unter den Toten sind 43 Malaysier, inklusive der Flugzeugbesatzung. Malaysias Transportminister Liow Tiong Lai hilft, die Operation zu dirigieren. Laut Lai warten 133 Regierungsvertreter und Experten in Kiew auf Zugang zum Unfallort.

   Möglicherweise halten die anhaltenden Kämpfe in der Region die Experten davon ab, die Absturzstelle in Augenschein zu nehmen. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte seinem Militär befohlen, jegliche Militäroperationen in einem Radius von 40 Kilometern um die Unglückstelle einzustellen, um einen sicheren Zugang zu dem Standort zu gewährleisten.

   Rund um die Stadt Donezk kämpft das ukrainische Militär jedoch weiter. In der Stadt sind internationale Beobachter und Gerichtsmediziner in Hotels untergebracht, die entsprechend von ihren Unterkünften zu der Unglückstelle pendeln müssen.

   Vertreter der Ukraine sagten, sie treiben Angriffe an drei Fronten voran, um die Hochburgen der Rebellen einzukreisen. In der Gegend um den Bahnhof und den Flughafen von Donezk gab es Artillerie- und Gewehrfeuer. Dort sollen Zivilisten zu Tode gekommen sein, nur ein paar Fahrminuten vom Stadtzentrum entfernt, wo die niederländischen Experten ihre Hotelzimmer bezogen haben, bevor sie sich auf den Weg zur Absturzstelle machten. Der Unglücksort liegt rund 80 Kilometer östlich von Donezk.

   "Unsere Aktivitäten in Donezk sind Teil der laufenden Operation, unsere Städte Schritt für Schritt zu befreien", sagte ein Sprecher des ukrainischen Sicherheitsrats am Montag. Genau äußerte er sich zu den Plänen nicht. Die Kämpfe fänden derzeit weiterhin außerhalb von Donezk statt und ukrainische Streitkräfte hätten keine Pläne, in die Stadt vorzustoßen und die internationalen Experten zu gefährden.

   Trotz der fortdauernden Kämpfe bleibt die Hoffnung auf einen Waffenstillstand. Rebellenführer Borodai sagte jedoch, er sei "sehr pessimistisch", was diese Friedensverhandlungen angehe. "Die früheren Versuche waren nutzlos", so Borodai. Kiew sei nur zu Kompromissen bereit, wenn die Rebellen sich voll ergäben.

   An den russischen Börsen hält die Talfahrt derweil unvermindert an. Am Montag büßte der Micex weitere 2,7 Prozent ein, der in US-Dollar denominierte RTS sank um 2,9 Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit Ende Mai. Händler verwiesen auf das am Dienstag anstehende EU-Treffen, auf dem verschärfte Sanktionen gegen Russland drohten. Die Sorge vor einer verschärften Gangart des Westens belastete vor allem die Aktien von staatlich kontrollierten Unternehmen. So gaben Sberbank und Gazprom 2,3 Prozent ab. Die Anteilsscheine des Diamantenförderers Alrosa stürzten um 5,1 Prozent ab. Lukoil verloren 2,5 Prozent, VTB schlossen dagegen unverändert und bewiesen damit relative Stärke.

   Mitarbeit: James Marson, Robert Wall, Lukas I. Alpert und Carol E. Lee

   DJG/WSJ/smh

   Dow Jones Newswires

Von Alexander Kolyandr und Paul Sonne in Donezk und Margaret Coker in Kiew

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