06.11.2014 17:37:30
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UPDATE: Deutsche Politik will Steueroase Luxemburg austrocken
-- Schäuble mahnt Veränderungen in Luxemburg an
-- Luxemburger Finanzminister: Steuergesetze stehen in Einklang mit EU-Recht
(NEU: Weitere Aussagen)
Von Andreas Kißler und Christian Grimm
BERLIN--Das kleine Großherzogtum Luxemburg bekommt wegen seiner Steuerpolitik Ärger mit der Bundesregierung. Spitzenpolitiker wie Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) wollen die Steueroase an der eigenen Grenze trockenlegen. Gleichzeitig steigt damit der Druck auf den früheren Luxemburger Ministerpräsidenten und neuen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Er könnte nun gezwungen werden, hart gegen das eigene Land vorzugehen.
Angesichts der jüngsten Veröffentlichungen über systematische Steuervermeidung bei den Nachbarn mahnte Schäuble Veränderungen an. "Da bleibt noch viel zu tun", sagte Schäuble am Donnerstag im Bundestag.
SPD-Chef Gabriel wurde in der Süddeutschen Zeitung deutlicher: Staaten dürften Steuerdumping nicht zum Geschäftsmodell erheben. Wer das dennoch tue, "legt die Axt an die europäische Solidarität". "Dieser Spuk muss so schnell wie möglich aufhören", sagte Gabriel. Das Blatt hatte zuerst über die laxe Steuerpraxis in Luxemburg berichtet. Journalisten der SZ hatten gemeinsam mit Kollegen anderer Medien 28.000 geheime Dokumente ausgewertet.
Deutsche und internationale Konzerne vermeiden mit Unterstützung der Luxemburger Regierung Steuerzahlungen in Milliardenhöhe. Das Datenleck belege, so die Süddeutsche, dass die Behörden zum Teil äußerst komplizierte Finanzstrukturen genehmigten, die das Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC) im Auftrag der Konzerne entwickelt hatte. Manche Unternehmen hätten durch diese Steuergestaltung auf Gewinne teilweise weniger als 1 Prozent Steuern gezahlt.
Der Finanzminister des Großherzogtums wehrte sich gegen die schwerwiegenden Anschuldigungen. Die Steuergesetze in seinem Land stünden im Einklang mit dem EU-Recht, erklärte Pierre Gramegna. Die Regierung werde aber dennoch mit der EU-Kommission bei den Ermittlungen zusammenarbeiten. Luxemburg erwarte keine Nachsicht von Kommissionspräsident Juncker, betonte Gramegna. Sein Amtskollege aus Deutschland verwies darauf, dass Luxemburg zu den 52 Ländern gehöre, die in der vergangenen Woche eine internationale Vereinbarung über den automatischen Informationsaustausch von Kontodaten unterzeichnet habe. "Es gibt nicht nur illegale Steuerhinterziehung, es gibt eben auch die Ausnützung von legalen Gestaltungsmöglichkeiten", hob er hervor. International tätige Konzerne nutzten unterschiedliche Steuerregelungen im In- und Ausland aus, um ihre Steuerlast zu minimieren. "Das ist legal, aber im Übermaß betrieben ein Problem für die Steuergesetzgebung, für die internationale Zusammenarbeit."
Auf internationaler Ebene sollten deshalb "die Möglichkeiten multinational tätiger Unternehmen zur kreativen Steuergestaltung begrenzt werden", sagte Schäuble. Deutschland gehört, genau wie Luxemburg, zu den 44 Staaten, die es sich auf die Fahnen geschrieben haben, gegen schädliche Steuerpraktiken der Unternehmen vorzugehen. Für internationale Großkonzerne soll es so schwerer werden, ihre Steuerlast durch Vermeidungsstrategien und Gewinnverlagerungen klein zu rechnen.
Ein Aktionsplan der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) sieht 15 Punkte vor, die Ende kommenden Jahres in konkrete Maßnahmen münden sollen. "Wir wollen den internationalen Steuerwettbewerb nicht abschaffen, aber wir wollen einen fairen Steuerwettbewerb für alle", erklärte der Finanzminister.
Aus den Reihen der Sozialdemokraten forderten weitere Politiker, dass Europa der Steuervermeidung einen Riegel vorschieben müsse. "Das Beispiel Luxemburg zeigt glasklar: Wir müssen das gegenseitige Ausspielen von Ländern in Europa in der Steuerpolitik wirksam beenden", erklärte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel. Der Oppositionsführer im hessischen Landtag nahm Juncker in die Pflicht.
Dieser habe als Premierminister Luxemburg zu einem der größten Finanzplätze und zum Standort für Steuersparmodelle gemacht. "Als Kommissionspräsident muss er jetzt gegen diesen Steuerbetrug vorgehen." Die SPD werde in der Bundesregierung dafür sorgen, dass dieses Thema endlich ernsthaft behandelt werde, kündigte Schäfer-Gümbel an.
Die Opposition forderte, Steuerdumping in der EU komplett zu beenden. "Wir brauchen in der EU gemeinsame Unternehmenssteuern mit einem Mindeststeuersatz ohne Ausnahmen", sagte der Mittelstandsbeauftragte der Grünen, Thomas Gambke. Zudem seien länderbezogene Offenlegungspflichten nötig. Nur so könne auch die Öffentlichkeit erkennen, "ob ein Konzern seine Gewinne in Niedrigsteuerländer schleust".
Mitarbeit: Hans-Joachim Koch.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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November 06, 2014 11:06 ET (16:06 GMT)
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