01.11.2013 18:04:31

UPDATE: Snowden will in Deutschland aussagen

   --Ströbele bringt Brief aus Moskaus mit

   --USA beharren auf Auslieferung

   --Kommende Woche Sondersitzung des Geheimdienst-Kontrollgremiums

   (NEU: durchgehend mehr Details)

   Von Stefan Lange und Andreas Kißler

   BERLIN--In der NSA-Abhöraffäre hat Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden seine Bereitschaft zu einer Aussage in Deutschland erklärt. "Ich freue mich auf ein Gespräch mit Ihnen in Ihrem Land", heißt es in einem Brief, den der Grünen-Angeordnete Christian Ströbele am Freitag in Berlin präsentierte. Ströbele hatte sich zuvor überraschend mit Snowden in Moskau getroffen. Der ehemalige NSA-Mitarbeiter lebt dort im Asyl, in den USA gilt er als Straftäter. Während Deutschland einem Festnahmeersuchen der Vereinigten Staaten bislang nicht zugestimmt hat, bestehen die USA weiter auf einer Auslieferung Snowdens.

   Die Rechtslage ist kompliziert und es ist keineswegs sicher, dass Snowden in Deutschland zum Abhörskandal aussagen wird. Denkbar wäre eine Zeugenaussage vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) des Bundestages oder bei einer deutschen Strafverfolgungsbehörde. Möglich wäre auch eine Befragung Snowdens in Russland - allerdings nur, wenn Moskau dem zustimmen würde.

   Ströbele hatte sich drei Stunden lang mit Snowden getroffen. Den Brief des 30-Jährigen brachte er mit nach Deutschland und schickte ihn an Bundeskanzlerin Angela Merkel, an Bundestagspräsident Norbert Lammert und an die Generalbundesanwaltschaft. Das Schreiben hat keinen Briefkopf und keine zielgerichtete Ansprache. Es ist lediglich mit "An die Zuständigen" (To whom it may concern) überschrieben. Fernsehbilder zeigen, wie Snowden den Brief im Beisein von Ströbele unterschreibt.

   Snowden teilt in dem Brief mit, er würde nach Deutschland reisen, "sobald die Situation geklärt ist". Er hoffe, "dass ich, wenn die Schwierigkeiten dieser humanitären Lage beigelegt sind, in der Lage sein werde, mich an der verantwortungsvollen Aufklärung der Sachverhalte bezüglich der in den Medien getätigten Aussagen, insbesondere im Hinblick auf Wahrheit und Authentizität der Berichte, angemessen und gesetzesgemäß zu beteiligen".

   Riesen Medienrummel in Berlin

   Eine von Ströbele einberufene Pressekonferenz stieß am Freitag in Berlin auf ein enormes Interesse bei Reportern aus aller Welt. Der Grünen-Politiker erklärte, Snowden könne sich "vorstellen, nach Deutschland zu kommen, wenn gesichert ist, dass er danach in Deutschland oder einem anderen vergleichbaren Land bleiben kann und dort sicher ist." Dies bedeute "freies Geleit, anschließend Asyl oder Aufenthaltsrecht".

   Snowdens Anwalt Anatoli Kutscherena sagte hingegen dem Radiosender Moskauer Echo, eine solche Unterhaltung müsse in Russland stattfinde. Eine Befragung in Deutschland sei nicht möglich, weil der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter nicht das Recht habe, "russische Grenzen zu überqueren".

   Auch aus einem anderen Grund könnte Snowdens Einreise nach Deutschland Probleme bringen. Dem Bundesjustizministerium liege ein Festnahmeersuchen der USA vor, erklärte ein Ministeriumssprecher. Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sei aber nicht bereit, dem Ersuchen stattzugeben. Snowden könne aber "im Rahmen internationaler Vereinbarungen in Russland aussagen", wenn deutsche Stellen dies wünschten. Dem stehe prinzipiell nichts entgegen, sagten der Sprecher des Justiz- und ein Sprecher des Innenministeriums.

   Für einen Asylantrag, auch das wurde in Berlin deutlich, müsste Snowden auf jeden Fall in Deutschland einreisen. Selbst dann wäre die Gewährung von Asyl aber ziemlich unwahrscheinlich, denn Deutschland würde im ohnehin schon schlechten transatlantischen Klima erhebliche diplomatische Verwicklungen riskieren: Die Vereinigten Staaten bestanden am Freitag demonstrativ auf einer Auslieferung des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters.

   Gegen Snowden laufe in den Vereinigten Staaten ein Strafverfahren wegen der Weitergabe vertraulicher Informationen, sagte eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates von Präsident Barack Obama auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP. "Er sollte so schnell wie möglich in die USA zurückgeschickt werden." In seiner Heimat werde er ein "rechtsstaatliches Verfahren" bekommen.

   Der IT-Spezialist Snowden war als Angestellter des Beratungsunternehmens Booz Allen Hamilton für den US-Geheimdienst NSA tätig und hatte Zugriff auf vertrauliche Informationen über die Spähprogramme des US-Geheimdienstes. Ende Mai setzte er sich mit den Geheimdokumenten von seinem damaligen Dienstort Hawaii in die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong ab. Dort begann er Anfang Juni damit, Unterlagen über die systematische Überwachung des Internets und das Ausspähen von Telefonverbindungen an die US-Zeitung "Washington Post", den britischen "Guardian" und andere Medien weiterzugeben. Zuletzt wurde bekannt, dass das Handy von Bundeskanzlerin Merkel (CDU) überwacht wurde.

   Ströbele bat um Nachsicht mit Snowden. Strafe müsse sein, das sei grundsätzlich richtig, meinte der gelernte Anwalt. Es bestünden aber im Strafrecht Ausnahmen, unter anderem bei einem übergesetzlichen Notstand, den es in Deutschland und den USA gebe.

   Regierung interessiert an Gespräch mit Snowden

   Die Bundesregierung zeigte sich derweil prinzipiell offen für eine Anhörung von Snowden. "Wenn er uns etwas sagen will, dann nehmen wir das auf," sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in Berlin. Sein Sprecher Jens Teschke schränkte jedoch ein, Friedrich plane derzeit kein Treffen mit Snowden. "Nein, eine aktive Kontaktaufnahme zu Herrn Snowden ist mir nicht bekannt und wird auch nicht betrieben", sagte er.

   Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Bundesregierung gehe generell allen Informationen nach: "Wir werden Möglichkeiten finden, wenn Herr Snowden bereit ist, mit deutschen Behörden zu sprechen, dieses Gespräch auch stattfinden zu lassen." Seibert betonte: "Die Haltung der Bundesregierung war immer diese: Wir nehmen Informationen und Berichte über mögliche ungesetzliche Aktivitäten von Geheimdiensten sehr ernst." Einer jeder Information werde nachgegangen. "Das wird auch weiterhin unsere Haltung sein."

   Ströbele will über sein Treffen auch dem Parlamentarischen Kontrollgremium, dessen Mitglied er ist, vermutlich Anfang kommender Woche bei einer Sondersitzung berichten. Der Vorsitzende des Gremiums, Thomas Oppermann (SPD), zeigte sich bereits offen für eine Anhörung des Whistleblowers. Gebe es die Möglichkeit, Snowden als Zeugen zu hören, ohne ihn in Gefahr zu bringen und die Verhandlungen zwischen Deutschland und den USA komplett zu ruinieren, "sollten wir sie nutzen", schrieb Oppermann auf Twitter.

   -Mitarbeit: Marion Schalk

   Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com

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