11.01.2016 18:15:50
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UPDATE2/EU erklärt Steuerdeals in Belgien für unzulässig
-- Mindestens 35 multinationale Konzerne müssen sich auf Nachforderungen einstellen
-- 700 Millionen Euro an nicht gezahlten Steuern werden eingefordert
(NEU: Weitere Details, Reaktion BASF)
Von Matthias Goldschmidt und Tom Fairless
BRÜSSEL/FRANKFURT (Dow Jones/AFP)--Mindestens 35 multinationale Konzerne müssen sich wegen illegaler Steuerdeals auf Nachforderungen aus Belgien einstellen. Die EU-Kommission hat das Land angewiesen, die Steuervereinbarungen aufzuheben und von den Konzernen insgesamt 700 Millionen Euro an nicht gezahlten Steuern einzufordern. Zu den Profiteuren hätten vor allem europäische Firmen gezählt.
Die Kommission habe entschieden, dass die von Belgien im Rahmen seiner Steuerregelung für Gewinnüberschüsse gewährten selektiven Steuervergünstigungen nach den EU-Beihilfevorschriften unzulässig sind, hieß es in einer Pressemitteilung der Kommission.
Es gebe für die EU-Mitgliedsstaaten viele legale Möglichkeiten, um Investitionen zu fördern. "Wenn ein Mitgliedstaat jedoch bestimmten multinationalen Unternehmen unzulässige Steuervergünstigungen gewährt, die es ihnen ermöglichen, den Großteil ihrer tatsächlich erzielten Gewinne nicht zu versteuern, dann schadet dies dem fairen Wettbewerb in der EU und letztlich auch den EU-Bürgern erheblich", wurde Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager in der Pressemitteilung zitiert.
Im Rahmen der belgischen Steuerregelung seien die Konzerne in der Lage gewesen, die Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer um 50 bis 90 Prozent zu verringern.
Unter den Unternehmen, die von einem Steuerdeal profitierten, ist auch der Brauereiriese AB Inbev, der seinen Sitz in Belgien hat. Das Ergebnis der Untersuchung kommt für den Marktführer zur Unzeit. Der Konzern befindet sich inmitten eines 108 Milliarden Dollar teuren Deals zur Übernahme des weltweit zweitgrößten Brauers SAB Miller.
Kreisen zufolge müssen sich auch Unternehmen wie BASF, BP oder Pfizer auf Steuer-Rückforderungen aus Belgien einstellen.
AB InBev zeigte sich "enttäuscht" von der Entscheidung. Das Unternehmen sei aber zuversichtlich, dass die mit Belgien getroffenen Vereinbarungen letztlich "in voller Übereinstimmung mit EU-Rechtssprechung" seien, erklärte eine Sprecherin. BASF teilte laut Afp mit, das Unternehmen verfolge die rechtlichen Entwicklungen und den weiteren Verlauf des Beihilfeverfahrens aufmerksam. Grundsätzlich gebe BASF keine Auskünfte zur steuerlichen Situation in einzelnen Ländern. In Belgien sei der Konzern mit 150 Millionen Euro einer der größten Steuerzahler.
Die anderen genannten Unternehmen waren zunächst nicht für einen Kommentar zu erreichen.
Durch die seit 2005 in Belgien geltende Steuerregelung erhielten Unternehmen innerhalb multinationaler Gruppen laut Kommission die Möglichkeit, wesentlich weniger Steuern zu zahlen. Dabei wurde die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer um 50 bis 90 Prozent verringert. Dies sollte den sogenannten Gewinnüberschuss ausgleichen, der auf ihre Zugehörigkeit zu einer multinationalen Gruppe zurückzuführen sein soll.
Belgiens Finanzminister Johan Van Overtveldt erklärte, er habe bereits im Februar 2015 diese Praxis ausgesetzt, als die Kommission ihre Ermittlungen aufgenommen hatte. Eine Rückforderung der rund 700 Millionen Euro bedeute jedoch "sehr große Konsequenzen" für die betroffenen Unternehmen und sei rechtlich schwierig.
Belgien werde dazu seine Position auf Grundlage "künftiger Verhandlungen" mit der Kommission festlegen, erklärte der Minister laut Afp. Bis diese abgeschlossen seien, schließe seine Regierung "keine Option" aus, auch nicht einen Einspruch gegen die Entscheidung der Behörde.
Der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold nannte die Kommissionsentscheidung eine "gute Nachricht für die europäischen Steuerzahler". Zum ersten Mal verurteile die EU-Kommission "nicht nur einzelne Unternehmen, sondern ein gesamtes System zur Steuervermeidung".
Der Fall Belgien zeige, dass Europa "von einem fairen Steuerwettbewerb weit entfernt sei", erklärte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. "Auch Belgien hat große Unternehmen durch gewährte Steuervorteile ins Land gelockt und damit nicht nur kleine Wettbewerber benachteiligt, sondern auch andere EU-Mitgliedstaaten geschädigt."
Die Kommission geht auch im Falle anderer Länder gegen unfairen Steuerwettbewerb vor. Im Oktober beschloss sie, dass der italienische Autobauer Fiat in Luxemburg und die US-Kaffeehauskette Starbucks in den Niederlanden jeweils bis zu 30 Millionen Euro nachzahlen müssen, weil sie ungerechtfertigte Steuervorteile erhalten hatten. Beide Länder haben Rechtsmittel gegen die Entscheidung angekündigt.
Ins Rollen gebracht wurden die Überprüfungen durch die sogenannte LuxLeaks-Affäre. Dabei hatte ein internationales Recherchenetzwerk Ende 2014 über hunderte Fälle berichtet, in denen multinationale Konzerne in Luxemburg auf Kosten anderer EU-Länder Steuerzahlungen vermeiden. Sie nutzten dazu Tochterfirmen, die im Prinzip selbst keinen Umsatz machten, und verlagerten auf sie ihre Gewinne aus anderen EU-Staaten.
Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com
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January 11, 2016 11:44 ET (16:44 GMT)- - 11 44 AM EST 01-11-16
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