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04.10.2014 12:41:32

US-Autogewerkschaft will bei Daimler Betriebsrat über Umwege

   Von Christina Rogers, Jeff Bennett und Klaus Brune

   Die US-Gewerkschaft United Auto Workers will künftig Arbeitnehmer beim Mercedes-Benz-Werk in Tuscaloosa im US-Bundesstaat Alabama durch einen neu gegründeten Ortsverband repräsentieren und hat Daimler dazu aufgefordert, den Ortsverband ohne formelle Abstimmung der Arbeitnehmer anzuerkennen. Tuscaloosa ist nach Angaben der Gewerkschaft der einzige größere Daimler-Standort weltweit ohne eigenen Betriebsrat.

   Aus Deutschland kam am Samstag sofort Unterstützung durch die IG Metall. Die Gewerkschaft forderte in einer Pressemitteilung die Werksleitung in Tuscaloosa dazu auf, mit dem Ortsverband 112 "konstruktiv" zusammenzuarbeiten. Beschäftigten in den USA dürften nicht "Mitbestimmungsrechte zweiter Klasse zugebilligt werden", forderte der stellvertretende Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, am Samstag in Tuscaloosa. Die Betriebsleitung des Werks in Alabama sagte in einer Stellungnahme derweil, sie stehe der Angelegenheit "neutral" gegenüber und überlasse es den Arbeitnehmern, ob und wie sie sich gewerkschaftlich organisieren wollten. Ähnlich kühl hatte sich in der Vergangenheit auch schon Daimler-Konzernchef Dieter Zetsche geäußert.

   Mit dem Umweg über einen Ortsverband verfolgt die US-Autogewerkschaft in Alabama den gleichen Weg wie schon in Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee. Auch dort hatte die UAW einen Ortsverband in der Nähe des Volkswagen-Werkes gegründet. Zuvor war die Gewerkschaft mit dem Versuch gescheitert, die Beschäftigten bei einer Abstimmung für die Gründung eines Betriebsrats zu gewinnen.

   Das für deutsche Verhältnisse auf den ersten Blick überraschende Scheitern bei der Abstimmung über einen Betriebsrat kommt nicht von ungefähr: Die US-Autogewerkschaft leidet unter den Folgen mehrerer Korruptionsskandale, zudem hatten örtliche Politiker heftig gegen die Gründung eines internen Betriebsrats lobbyiert. Eine Gewerkschaft werde es dem Unternehmen mit ihren Forderungen schwer machen, künftig weitere Geschäfte an den Standort zu ziehen, lautete in den letzten Monaten ein oft gehörter Vorwurf örtlicher Politiker.

   In Tuscaloosa hofft die Gewerkschaft, über den Ortsverband 112 mehr Zustimmung für ihre Arbeit unter den rund 3.400 Vollzeit- und etwa 1.000 Mercedes-Angestellten mit Zeitverträgen zu gewinnen. "Was hier passiert ist, hat Auswirkungen auf die Zukunft der Arbeitnehmerbewegung", sagte UAW-Präsident Dennis Williams. Über den Ortsverband soll zunächst einmal Werbung für die Arbeit der Gewerkschaft gemacht werden, statt gleich über eine formelle Abstimmung den direkten Weg zu einer Arbeitnehmervertretung im Werk anzustreben. Die Mitgliedschaft im Ortsverband ist freiwillig, aber die UAW will Daimler ersuchen, den Ortsverband als Verhandlungspartner für seine Mitglieder anzuerkennen.

   Zumindest sofort wird das nicht der Fall sein. Williams wurde bei der Ankündigung auch von Michael Brecht begleitet, der als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei Daimler eine gewichtige Stimme für die Interessen der Arbeitnehmer hat. Brecht nannte die Gründung des Ortsverbandes zwar einen wichtigen ersten Schritt. Daimler sehe im Moment "aber noch nicht die Notwendigkeit, sich mit der UAW zusammenzusetzen." Offenbar setzt auch er darauf, dass die Angestellten selbst den ersten Schritt machen, indem sie einen eigenen Betriebsrat fordern: "Die Belegschaft hier ist die einzige unter allen großen Daimler-Werken, die keine Mitbestimmung hat. Das ist unakzeptabel und muss sich ändern."

   In Chattanooga hat die Gewerkschaft offenbar erste Erfolge damit, die Beschäftigten der Volkswagen-Fertigung an sich zu binden. UAW-Vertreter sagen, dort habe man bereits 750 Mitglieder und damit gut die Hälfte der Angestellten des VW-Werks als Mitglieder gewinnen können.

   Dennoch müssen sich die US-Gewerkschaften darauf einstellen, dass es eine Weile dauern wird, bis sie die Zustimmung der Arbeiter und Angestellten für sich gewinnen werden. "Es ist eine Strategie der Geduld", sagt Arbeitsexpertin Kristin Dziczek vom Center for Automotive Research. "Es bindet die Arbeiter erst allmählich in die Gemeinschaft ein."

   Bislang hat die UAW einen Betriebsrat bei Mitsubishi Motors in Illinois errichten können. Bei den meisten anderen ausländischen Herstellern ist sie bislang mit diesen Versuchen aber abgeblitzt, neben Volkswagen auch bei Nissan und Toyota. Die UAW zählt mittlerweile wieder mehr als 391.000 Mitglieder, etwas mehr als zuletzt - aber noch weit entfernt von den 1.5 Millionen Gewerkschaftlern, die sie etwa 1979 noch vertrat.

   Kontakt zum Autor: klaus.brune@wsj.com

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   October 04, 2014 06:30 ET (10:30 GMT)

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