28.04.2024 14:33:39
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Vorsichtige Hoffnung: Neuer Geisel-Deal statt Offensive in Rafah?
TEL AVIV (dpa-AFX) - Vor einem geplanten Militäreinsatz Israels in Rafah unternimmt die Regierung einen letzten Versuch, sich mit der islamistischen Hamas auf eine Feuerpause im Gaza-Krieg und die Freilassung weiterer Geiseln zu einigen. Eine Delegation der Hamas will voraussichtlich am Montag nach Kairo reisen, um über Details eines neuen Vorschlags zu sprechen, wie ein Hamas-Repräsentant am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur sagte. Hoffnungen auf eine Einigung bei den indirekten Verhandlungen hatten sich allerdings bisher immer wieder zerschlagen.
Um über den Gaza-Krieg zu sprechen, werden sich am Montag zudem mehrere hochrangige Politiker verschiedener Länder in Saudi-Arabien treffen. Mit dabei sind Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und US-Außenminister Antony Blinken. Blinken wird im Verlauf der Woche auch wieder in Israel erwartet.
Kann die Offensive in Rafah noch abgewendet werden?
Ein hochrangiger Hamas-Funktionär kündigte am Samstag bei Telegram an, die Islamistenorganisation werde einen israelischen Vorschlag prüfen und eine Antwort geben. Israel erwartet diese nach Angaben des israelischen Fernsehens bis Montag. Israels Außenminister Israel Katz erklärte demnach, Israel sei bereit, den Militäreinsatz in Rafah zu verschieben, sollte ein Geisel-Deal zustande kommen.
Bei dem aktuellen Entwurf für einen Deal geht es israelischen Medien zufolge zunächst um ein begrenztes Abkommen, das vorsieht, dass nur einige weibliche, ältere und kranke Geiseln freikämen. Die Anzahl der Tage einer möglichen Waffenruhe mache Israel von der Anzahl der Geiseln abhängig, die die Hamas freilasse, berichtete das Nachrichtenportal "Axios". Die Hamas hat zuletzt einen dauerhaften Waffenstillstand gefordert, was Israel ablehnt. Es wird befürchtet, dass viele unter den 133 Geiseln in der Gewalt der Hamas nicht mehr am Leben sind.
"Axios" berichtete unter Berufung auf zwei hochrangige israelische Regierungsvertreter, Israel sei gemäß dem neuen Vorschlag zu Kompromissen bereit - etwa bei der Rückkehr von Zivilisten in den nördlichen Gazastreifen. Dazu gehöre ein Rückzug des israelischen Militärs aus dem Korridor, der das Küstengebiet teilt und vertriebene Palästinenser an einer Rückkehr in den Norden hindert.
Der Schwerpunkt der Gespräche war zuletzt aus Katar nach Ägypten verlegt worden. Der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Madschid al-Ansari, warf Israel und der Hamas in ersten Interviews mit israelischen Medien am Samstag vor, sich nicht entschlossen genug für einen Deal eingesetzt zu haben. Jedes Mal, wenn eine Einigung in greifbarer Nähe erschien, habe es Sabotage gegeben, sagte er. "Von beiden Seiten."
Neues Geisel-Video
Die islamistische Hamas veröffentlichte unterdessen am Samstagabend erneut ein Geisel-Video. Darin sprechen sich zwei aus Israel entführte Männer für einen Deal zwischen der Hamas und der israelischen Regierung aus, der die Freilassung der Geiseln vorsieht. Unter welchen Umständen das Video entstanden ist und ob die beiden Männer aus freien Stücken oder unter Druck und Drohungen sprachen, war zunächst unklar. Einer der beiden, der israelischen Medien zufolge auch die US-Staatsbürgerschaft besitzt, rief in dem Video dazu auf, die Proteste für die Freilassung der aus Israel Verschleppten in Tel Aviv und Jerusalem fortzuführen.
Am Samstagabend kamen zu den Kundgebungen in etlichen Städten wieder Tausende. In der Küstenmetropole Tel Aviv forderten die Demonstranten den Rücktritt von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. Die Demonstranten werfen Israels Regierung vor, nicht ernsthaft daran interessiert zu sein, die Freilassung der Geiseln zu erreichen.
Netanjahu soll Haftbefehle des Strafgerichtshofs befürchten
Netanjahu befürchtet Medienberichten zufolge, der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag könnte Haftbefehle gegen ihn und andere Israelis erlassen. Die israelische Regierung gehe davon aus, dass Chefankläger Karim Khan noch in dieser Woche internationale Haftbefehle für Netanjahu, Verteidigungsminister Joav Galant sowie den Generalstabschef Herzi Halevi ausstellen könnte, berichteten israelische Medien. Aus Den Haag gab es dazu allerdings bisher keine Angaben.
Der Strafgerichtshof ermittelt bereits seit 2021 gegen die Hamas und Israel wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen. Auch zu Gewalt israelischer Siedler im Westjordanland laufen Untersuchungen.
Israels Armee greift weiter Ziele im Gazastreifen an
Die israelische Armee flog am Wochenende weitere Luftangriffe gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen. Im zentralen Teil des Küstenstreifens sei ein Fahrzeug mit acht Hamas-Terroristen getroffen worden, teilte die Armee am Samstag mit. Außerdem seien Terror-Infrastruktur, Beobachtungsposten und Raketen-Abschussrampen angegriffen worden, so das Militär am Sonntag.
Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde gab die Zahl der seit dem Beginn des Krieges am 7. Oktober getöteten Menschen am Sonntag mit 34 454 an. Mehr als 77 500 weitere seien verletzt worden. Die Behörde unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Bewaffneten. Die Zahlen konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
Nach Angaben der israelischen Armee gelangt inzwischen mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen. Die Zahl der in das Küstengebiet einfahrenden Laster sei in den vergangenen Wochen deutlich erhöht worden, sagte ein Armeesprecher am Samstag. Israel steht international massiv unter Druck, mehr Hilfslieferungen in das abgeriegelte Gebiet am Mittelmeer zu lassen, in dem das israelische Militär seit Monaten gegen die islamistische Hamas kämpft. Auslöser des Krieges war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübt hatten./cir/DP/he
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