25.04.2014 19:23:59
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WAZ: Warum Heilige so aktuell sind. Kommentar von Walter Bau
Essen (ots) - Sicher, man kann das alles für faulen Zauber halten,
was am Sonntag auf dem Petersplatz in Rom abläuft: Zwei alte Männer,
die Todkranke per Wunder geheilt haben sollen und deshalb
heiliggesprochen werden. Wunder? Heilig? Tatsächlich sind das
Begriffe, mit denen die Mehrheit der Bundesbürger nichts oder nicht
mehr viel anfangen kann: 62 Prozent der Deutschen, so eine aktuelle
Umfrage, halten Heiligsprechungen rund 300 Jahre nach Beginn der
Aufklärung in Europa für nicht mehr zeitgemäß; selbst viele
Katholiken dürften das so sehen. Ist die besondere Ehrung für die
beiden ehemaligen Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II. also
nicht mehr als aus der Zeit gefallene Folklore, das letzte Aufbäumen
einer vergangenen Epoche, heiliger Humbug? Wie gesagt: Man kann das
so sehen. Man kann es aber auch anders sehen. Hunderttausende Pilger
werden sich am Sonntag rund um den Petersplatz drängen, um die
Heiligsprechung hautnah zu verfolgen; Hunderte Millionen werden vor
den Fernsehern dabei sein, wenn TV-Anstalten rund um die Welt die
Heiligsprechung stundenlang live aus Rom übertragen; für ungezählte
Katholiken, denen die toten Päpste Vorbild und Bestärkung im Glauben
sind, wird die doppelte Heiligsprechung ein Höhepunkt ihres Lebens
sein. Und selbst viele nicht Gläubige dürften sich der Faszination
einer Jahrhunderte alten Zeremonie nicht entziehen können. Auch wenn
es paradox klingen mag - aber es ist nicht zuletzt das
Aus-der-Zeit-gefallen-sein, dieser scheinbare Anachronismus einer
2000 Jahre alten Religion, der den Glauben für den modernen Menschen
aktuell macht. Da ist kein Anbiedern an den Zeitgeist, keine
Relativierung ethischer Werte zugunsten eines ungehemmten
Konsumdenkens. Wo das zunehmend schwindelerregende "Immer mehr, immer
neu" unserer Zeit vielen Menschen keine innere Orientierung mehr
bietet, hält die Kirche trotzig dagegen. Dafür stehen in besonderer
Weise die zwei Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II. - und
dafür steht auch die Tradition der Heiligsprechung.
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