17.04.2013 16:41:30

Weidmann gibt keine Entwarnung für Euro-Schuldenkrise

   Von Brian Blackstone und Matthew Karnitschnig

   FRANKFURT--Die Staatsschuldenkrise im Euroraum könnte nach Aussage von Bundesbankpräsident Jens Weidmann noch einige Zeit anhalten. In einem Interview mit dem Wall Street Journal widersprach Weidmann damit EU-Kommissionspräsident Präsident Jose Manuel Barroso, nach dessen Ansicht der Höhepunkt der Krise bereits überwunden ist. Eine weitere Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB), deren Rat er angehört, hält Weidmann prinzipiell für möglich.

   "Die Krise und ihre Folgen zu überwinden, wird im nächsten Jahrzehnt die Herausforderung bleiben", sagte Weidmann. Die derzeit herrschende Ruhe könnte sich als trügerisch erweisen, wenn sie Reformen auf nationaler und europäischer Ebene verzögern sollte, fügte er hinzu.

   Schnelle Lösungen von Seiten der Geldpolitik kann es laut Weidmann nicht geben. "Jeder fragt, was die Zentralbank noch tun kann, anstatt nach den Beiträgen anderer politisch Verantwortlicher zu fragen", sagte er. Vor allem die Finanzminister müssten begreifen, dass die von der Geldpolitik verordneten Arzneien nur die Symptome heilten, aber Nebenwirkungen und Risiken hervorriefen.

   Auch eine bessere Kreditversorgung kleinerer südeuropäischer Unternehmen, die manche Ökonomen als Voraussetzung für eine Konjunkturerholung im Jahresverlauf betrachten, sieht Weidmann nicht als Aufgabe der EZB. Dazu hätten Institutionen wie die Europäische Investitionsbank die besseren Instrumente, sagte er.

   Weitere Zinssenkungen der EZB wollte der Bundesbankpräsident zumindest nicht prinzipiell ausschließen. "Wenn wir neue Informationen bekommen, könnten wir (die Zinsen) anpassen", sagte er, fügte aber auch hinzu: "Ich glaube nicht, dass die geldpolitische Ausrichtung derzeit am wichtigsten ist."

   Der Hauptrefinanzierungssatz der EZB liegt seit Sommer 2012 auf seinem Allzeittief von 0,75 Prozent. Ihn weiter zu senken, ergibt nach Argumentation der meisten EZB-Offiziellen keinen Sinn, weil Zinssenkungen derzeit ausgerechnet dort nicht ankommen, wo sie ankommen sollen - bei den Unternehmen in Südeuropa.

   Die EZB und der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnen damit, dass die Wirtschaft des Euroraums im laufenden Jahr schrumpfen wird. Trotz zuletzt schwacher Konjunkturfrühindikatoren erwartet die EZB jedoch immer noch, dass in der zweiten Jahreshälfte eine leichte Wirtschaftserholung einsetzt. Die Inflationsrate lag im März mit 1,7 Prozent deutlich unterhalb des Inflationsziels von knapp 2 Prozent.

   Die Entscheidung, zur Rettung des zyprischen Banksensektors auch große Bankguthaben heranzuziehen, begrüßte das deutsche EZB-Ratsmitglied. "Das Beispiel Zyperns zeigt, dass es möglich ist, Banken zu schließen", sagte er. Das sei prinzipiell eine gute Sache, denn es bedeute, dass nicht immer die Steuerzahler die Banken heraus hauen müssten.

   Zwar könne Zypern nicht als Schablone für mögliche andere Fälle dienen, doch sei hier erstmals eine Rangfolge etabliert worden, in der private Bankaktionäre die Kosten ihrer Investitionsentscheidung tragen müssten.

   Kontakt zu den Autoren: Konjunktur.de@dowjones.com

   (Mitarbeit: Laura Stevens, Hans Bentzien)

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   April 17, 2013 10:21 ET (14:21 GMT)

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