Über Geldpolitik der EZB |
12.10.2014 07:42:30
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Weidmann und Draghi setzen Streit fort
Mario Draghi hat sich bei der rhetorischen Vorbereitung von Staatsanleihekäufen ein weiteres Schrittchen nach vorne gewagt. Bei einer Pressekonferenz in Washington sagte er: "Wir sehen kein ernsthaftes Risiko von Preisblasen am Staatsanleihemarkt." Was man übersetzen könnte mit: Auch wenn wir als Zentralbank demnächst solche Papiere kaufen und damit künstlich die Nachfrage anfachen, wird das die Preise nicht in ungerechtfertigte Höhen und die Zinsen immer weiter nach unten treiben.
Manche Marktbeobachter sehen diesen Zustand allerdings schon jetzt erreicht. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen lag zuletzt bei nur noch 0,85 Prozent, Frankreich zahlte 1,25 Prozent für zehnjährige Schulden und selbst das hochverschuldete Italien muss nur 2,3 Prozent zahlen - so viel wie die USA.
Der EZB-Rat hat gerade den Ankauf privater Wertpapiere beschlossen, womit er nach Aussage von EZB-Präsident Draghi zweierlei bezweckt: Die Kreditvergabe an Unternehmen in Gang bringen und die Zentralbankbilanz auf ein Volumen vergrößern, das sie zuletzt Anfang 2012 hatte. Manche Beobachter vermuten, dass die EZB dieses Ziel nicht erreichen kann, ohne auch Staatsanleihen zu kaufen. Aussagen Draghis zu Staatsanleihen werden deshalb sehr aufmerksam verfolgt.
Gegen den Ankauf privater Wertpapiere hat EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann gestimmt. Auch der Bundesbankpräsident nahm an der Jahrestagung in Washington teil. Bei einer Pressekonferenz wies er darauf hin, dass die Renditen privater und öffentlicher Anleihen bereits jetzt sehr niedrig seien, so dass eine weitere Absenkung nichts brächte. Laut Spiegel-Bericht äußerte Weidmann wegen der Wirtschaftsschwäche des Euroraums grundsätzliche Zweifel an der Wirksamkeit der EZB-Politik. Haben wir es lediglich mit Pech zu tun, oder übersehen wir vielleicht etwas in der wirtschaftlichen Analyse?", fragte Weidmann rhetorisch.
Dass Weidmann und Draghi ständig unterschiedlicher Meinung sind, führt nach einem Bericht des Focus zu Sprachlosigkeit zwischen den beiden geldpolitischen Gegenpolen des EZB-Rats. Ohne Angaben von Quellen berichtet das Magazin, seit Juli habe es außerhalb der beiden Ratssitzungen Anfang September und Anfang Oktober keinen direkten Kontakt mehr zwischen den beiden gegeben. Anders als früher üblich habe Draghi Weidmann im Vorfeld nicht über seine aktuellen Pläne - in diesem Falle die EZB-Bilanzausweitung - unterrichtet. Er halte eine Zusammenarbeit mit Weidmann kaum noch für möglich und nenne den Deutschen im vertrauten Kreis "Nein zu allem".
DJG/hab/hru Dow Jones NewswiresVon Hans Bentzien und Brian Blackstone
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