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28.09.2015 23:57:41

Weser-Kurier: Kommentar von Michael Brandt über Hetze im Internet

Bremen (ots) - Seit Monaten wird im äußersten Norden Bremens gegen Flüchtlinge gestänkert und gehetzt. Genauer seit Oktober 2014, als Pläne bekannt wurden, in Rekum ein Heim für straffällig gewordene jugendliche Flüchtlinge einzurichten. Die Welle der Empörung hat schließlich im Mai die populistische Wählervereinigung "Bürger in Wut" mit mehr als 18 Prozent in den Beirat Blumenthal katapultiert. Es überrascht nicht, dass es ausgerechnet hier zum Brandanschlag gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft gekommen ist. Es existieren in Blumenthal und Bremen-Nord zwar viele Initiativen, die den Flüchtlingen helfen. Die Willkommenskultur ist vorbildlich und sie ist getragen vom ehrenamtlichen Einsatz der Bürger. Es wird aber in bestimmten Kreisen längst gezündelt. Nicht mit Feuerzeug und Benzin, sondern mit Worten, in Facebook-Gruppen, die in der Regel geschlossen sind. In diese Gruppen findet nur Einlass, wer den Betreibern ins Gesinnungsbild passt. In diesen Foren findet derzeit eine Verschiebung der Toleranzgrenzen statt. Was vor Jahren noch als inakzeptable rechte Hetze galt, sickert heute über Facebook in die reguläre politische Debatte ein. Flüchtlinge werden hier allgemein als Kriminelle beschrieben, deren alleiniges Ziel es sei, sich zu bereichern. Ohne Prüfung wird Flüchtlingen jedes erdenkliche Verbrechen unterstellt. Facebook-Nutzer teilen im Internet offen mit, dass sie Waffen besitzen, mit denen sie sich notfalls auch zur Wehr setzen würden. Es entsteht ein Klima, das von pauschaler Geringschätzung, Diffamierung und letztlich auch Angst geprägt ist. Und das kann gefährlich sein. Die Internet-Debatten werden von den Parteien in der Bürgerschaft und vom Rathaus seit Monaten kommentarlos zur Kenntnis genommen. Es gibt offenbar niemanden, der auf die Entwicklung ein Auge hat. Der Verdacht liegt nahe, dass bei dieser Ignoranz auch die Randlage Blumenthals eine Rolle spielt. Das Fast-Feuer ist ein Weckruf. Wenn Blumenthals Ortsamtsleiter dieser Zeitung sagt: "Alles ist gut und es wird nicht zu weiteren solchen Fällen kommen", dann ist das eine Beschwörungsformel. Gewiss ist das nicht.

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