13.02.2015 21:33:00
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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Merkels besonderer Woche
Bielefeld (ots) - Angela Merkel für den Friedensnobelpreis
vorzuschlagen, ist sicherlich zu früh. Vielleicht auch gar nicht
richtig, denn sie hat die Waffenruhe ja nicht alleine ausgehandelt.
Und nicht zu vergessen: Noch ist nichts erreicht. Die Kämpfe in der
Ostukraine dauern an. Mit Toten und Verletzten. Erst an diesem
Samstag um 23 Uhr unserer Zeit soll der Frieden einen zweiten Anlauf
nehmen. Wenn aber nach Minsk II die Waffen tatsächlich schweigen,
wäre es der bislang größte Erfolg Angela Merkels. Es war ihre Woche.
Wenn selbst Linksfraktionschef Gregor Gysi und auch die Grünen die
Kanzlerin loben, dann muss etwas Besonderes passiert sein. Keine
Frage: Merkel befindet sich in der Form ihres Lebens - nicht nur
körperlich, sondern (außen)-politisch. François Hollande war nicht
die treibende Kraft in den deutsch-französischen Friedensbemühungen
und auch nicht Frank-Walter Steinmeier, den Merkel überreden musste
zu bleiben. Es war die perfekt russisch sprechende Bundeskanzlerin.
Während Deutschland verblüfft über die Frage diskutiert, wie Merkel
den 17-Stunden-Verhandlungsmarathon in Minsk fast ohne Schlaf
überstanden hat, kam sie gutgelaunt von der Reise um die halbe Welt
zurück und stürzte sich in die Arbeit. »Es ist ja morgen noch ein
Arbeitstag.« Allein schon die Tatsache, Putin und Poroschenko in
dieser festgefahrenen Situation zu Verhandlungen zu bewegen, war ein
Erfolg. Dass nach 17-stündigen Verhandlungen tatsächlich eine
Waffenruhe vereinbart wurde, hat Angela Merkel weltweiten Respekt
entgegengebracht. In den USA wird in der »New York Times« nicht
Barack Obama, sondern die deutsche Kanzlerin als die eigentliche
Führungsfigur der westlichen Welt bezeichnet. Von Briten-Premier
James Cameron, der mit seiner Glaubwürdigkeit zu kämpfen hat, spricht
ohnehin kein Mensch mehr. Die Stimmen der Kritiker, die Merkel
unlängst vorgeworfen hatten, in dem Konflikt nur ein verlängerter Arm
Washingtons zu sein, sind verstummt. Was bleibt, ist Merkel, die nun
sogar von den Ländern gelobt wird, in denen sie noch vor Monaten
wegen ihrer angeblich überharter Sparvorgaben mit Hakenkreuzsymbolen
am Pranger stand. Auch wenn nach den Verhandlungen von Minsk längst
noch nicht alle Fragen geklärt sind: Im Gegensatz zu Minsk I haben
diesmal nicht Unterhändler die Waffenruhe unterzeichnet, sondern die
Verhandlungsführer in Person von Regierungschefs und Präsidenten
selbst. Das ist ein großer Unterschied und gibt Anlass zur Hoffnung.
Die Regierungschefs stehen mit ihren Namen. Sie werden in die
Geschichte eingehen - so oder so. Angela Merkel hat ihre besondere
Rolle in der Welt sicher. In der kommenden Woche werden wir sehen, ob
20 000 Flugkilometer, 17 Stunden Verhandlungsmarathon und kaum Schlaf
sich gelohnt haben. Dann wird sich zeigen, ob aus einem Erfolg der
Diplomatie tatsächlich Frieden werden kann.
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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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