28.04.2013 20:23:58
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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Bundestagswahlkampf
Zuletzt hatte eine solche Chuzpe jene Angela Merkel, die SPD und Grüne am 22. September stürzen wollen. Wenn auch äußerst knapp gewann Merkel 2005 das Rennen ums Kanzleramt, obwohl sie zuvor die Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte angekündigt hatte. Am Ende wurden es in der Großen Koalition mit der SPD sogar drei Prozentpunkte mehr.
Dieses Mal freilich will die Union von Steuererhöhungen nichts wissen. So ist die Frontlinie im Wahlkampf gezogen. Hier SPD und Grüne, die den Staat stärken und mehr Umverteilung wollen. Dort die noch amtierende Regierung aus CDU/CSU und FDP, deren Steuerpolitik vornehmlich darin zu bestehen scheint, nichts Wesentliches ändern zu wollen.
Überhaupt ist erstaunlich, wie defensiv Schwarz-Gelb zu Werke geht. Das hat natürlich viel mit den miserablen Erfahrungen dieser Legislaturperiode zu tun. »Einfacher, niedriger und gerechter« sollte das Steuersystem werden. Passiert ist nichts, jedenfalls nichts Sinnvolles. Im Gegenteil: Das Einzige, was in Erinnerung bleibt, ist ein weiterer Ausnahmetatbestand, der als »Mövenpick-Steuer« jetzt die Kampagnenfähigkeit der Konkurrenz stärkt.
Nun mag man einwenden, dass Steuersenkungen angesichts der Unwägbarkeiten in der Eurokrise weiter keine Priorität haben können und die Einhaltung der Schuldenbremse Bund wie Ländern ganz neue Anstrengungen abverlangen. Beides ist richtig, und doch bleibt es ein Rätsel, warum in der Union allenfalls eine kleine Gruppe junger Abgeordneter um den Paderborner Carsten Linnemann unbeirrt mehr Gerechtigkeit im Steuersystem fordert.
Zu diesem Rätsel passt, dass es weiten Teilen der Bevölkerung egal zu sein scheint, wenn sich der Staat über die kalte Progression an den Gehaltszuwächsen der Beschäftigten bereichert. Als Rot-Grün hier mit seiner Mehrheit im Bundesrat dringend nötige Veränderungen blockiert hat, blieb ein Sturm der Entrüstung jedenfalls aus. Stattdessen erlebt Deutschland als schlimmste Folge der Banken-, Finanz- und Eurokrise eine neue Staatsgläubigkeit. Dabei sind große Zweifel angebracht, ob mehr Steuern und mehr Staat zu mehr Gerechtigkeit führen.
Dank einer ungewöhnlich stabilen Konjunktur und grandiosen Beschäftigungszahlen sind Bund, Länder und Gemeinden in der jüngsten Vergangenheit von einem Steuereinnahmerekord zum nächsten geeilt. Noch ist die Politik aber den Beweis schuldig geblieben, dass jemals der Punkt erreicht werden könnte, an dem die Einnahmen genügen, um die Ausgaben zu decken. Geschweige denn, die Schulden abzutragen. Eher sind stets neue Begehrlichkeiten geweckt worden. Was soll da 2013 anders sein?
Originaltext: Westfalen-Blatt Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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