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12.04.2013 20:29:59

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Hannover-Messe

Bielefeld (ots) - Um eine alte Tante wieder zum Laufen zu bringen, kann man versuchen, sie mit Spritzen und Medikamenten aufzupäppeln. Die Wirkung ist aber meist nur kurzfristig. Besser ist es, in ihr die Flamme der Begeisterung zu wecken. Eine gute Vision wirkt wie eine Verjüngungskur. Ausgestattet mit neuen Ideen entwickelt die alte Tante einen Elan, den ihr vorher keiner mehr zugetraut hat. Der Name der alten Tante ist Industriemesse. Einst war sie das Aushängeschild der deutschen Wirtschaft. Doch dann kamen Kinder, machten sich selbstständig, wurden ausgegliedert. Insbesondere die Cebit hat der Mutter zeitweise ganz die Show gestohlen. Wer nicht auf der Computershow, sondern weiter auf der Industriemesse ausstellte, galt als Auslaufmodell. Zugegeben, die Ostwestfalen wussten es besser. Phoenix Contact, Weidmüller, Harting und andere nutzten den Freiraum, den ihnen die Abwesenheit anderer Unternehmen bot. So bekamen sie frühzeitig den Umschwung mit. Beginnend auf der Messe 2011 begann die Branche, sich neu zu erfinden. Die Vision, die seitdem in der alten Tante wieder die Lebensgeister weckt, heißt »4.0«. Gemeint ist, dass die Industrie derzeit ihre vierte Revolution erlebt. Die erste wurde von Dampf- und Wasserkraft angetrieben. Die zweite brachte das Fließband. Und in der dritten sorgten Elektronik und Datenverarbeitung für den großen Automatisierungsschub. Hinter der vierten industriellen Revolution aber steckt das Internet als die treibende Kraft. Die enge Verbindung von Maschine und World Wide Web soll es ermöglichen, dass die Anlage sich nicht nur selbst überwacht, sondern auch selbst optimiert. Die moderne »smarte« Fabrik steuert den Fluss von Material und fertigen Produkten überwiegend eigenständig - und zwar im optimalen Fall so, dass dabei Ressourcen eingespart werden. Sie erkennt Fehler und leitet ihre Beseitigung ein. Ermöglichten die vorangegangenen industriellen Revolutionen die Erzeugung großer Mengen, so kehrt die Industrie mit 4.0 zu kleineren Losgrößen und individuelleren Lösungen zurück. Sicher, die Revolution ist erst am Anfang. Sie ist gerade dabei, ihr Programm zu schreiben. Dabei ist natürlich wichtig, welche Sprache die Revolutionäre sprechen. In Hannover konnte man sie hören. Und sie klang sehr ostwestfälisch-lippisch. Das derzeit größte Projekt im Rahmen von »Industrie 4.0« heißt »It's OWL«. In ihm arbeiten Wirtschaft und Universitäten eng bei der Entwicklung intelligenter technischer Systeme zusammen. Dabei ging es der Industrie noch vor wenigen Jahren so wie der Industriemesse: Sie galt als alte Tante. Die Zukunft schien in Europa allein dem Dienstleistungssektor zu gehören. Andere Länder, allen voran Großbritannien, haben die alte Tante abgeschoben. Die Quittung bekamen sie bei Ausbruch der Finanzkrise. Deutschland steht derzeit vor allem deshalb so gut da, weil es die alte Tante nicht nur leben ließ, sondern ihr auch neue Entwicklungsmöglichkeiten eröffnete.

Originaltext: Westfalen-Blatt Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261

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