12.03.2014 21:15:24
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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Wahl von Kardinal Reinhard Marx zum neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz
Bielefeld (ots) - Wer, wenn nicht er? Wann, wenn nicht jetzt?
Kardinal Reinhard Marx übernimmt als neuer Vorsitzender der Deutschen
Bischofskonferenz eine Herkulesaufgabe, die inmitten der größten
Kirchenkrise keinen Aufschub duldet. Die Laien, sofern sie nicht
davonlaufen, leben in anderen Wirklichkeiten, die Treuen verzweifeln
an den unendlich langwierigen Bemühungen um Erneuerung. Jetzt also
der kernige Westfale von hoher theologischer Exzellenz und
zupackender Art. Missbrauchsskandale, Pillenverbot von vorgestern,
überholte Sexualmoral und Frauen ohne echte Chance, extremer
Priestermangel: Kein Problem ist Marx fremd - und keines gelöst. Bei
der Wahl von Vorgänger Robert Zollitsch vor sechs Jahren war Marx
noch zu jung. Heute ist er vielen Bischöfen zu mächtig. Und dennoch
haben sie ihn im vierten Wahlgang schließlich zum Vorsitzenden
gewählt - weil es keinen besseren gibt. Der Weg des Reinhard Marx
beginnt als Geseker Junge. Heute residiert er als Kardinal von
München und Freising im Palais Holstein, ist nach dem Sturz von Uli
Hoeneß vielleicht die letzte große barocke Type in Bayern und schlägt
im Vatikan für Papst Franziskus neue Schneisen. Marx im
Koordinatensystem aus rechts, links, konservativ und fortschrittlich
eindeutig zu verankern, ist fast unmöglich. In den frühen 1990er
Jahren in Dortmund beim Sozialinstitut des Erzbistums Paderborn galt
Marx als eine Art Arbeiterpriester und Pax-Christi-Aktivist - seinem
historischen Namensvetter so nah wie nie wieder. Schon vor dem Besuch
des damaligen Papstes 1996 in Paderborn, war er im Vatikan
aufgefallen: »Du bist der (richtige!) Marx«, soll Johannes Paul II.
mit Wohlgefallen bemerkt haben. Paderborn lernte ihn als einen
Weihbischof kennen, der Banker, Bauern und Bayernzelte begeistern
konnte. Zugleich erwies sich Marx als strenger Glaubensbewahrer
gegenüber Kirchenkritiker Eugen Drewermann und als urkatholisch fromm
in seiner glühenden Marienverehrung. Als Bischof von Trier
suspendierte er Gotthold Hasenhüttl vom Priesteramt, der beim
Ökumenischen Kirchentag in Berlin mit evangelischen Geistlichen
Gottesdienst samt Kommunion gefeiert hatte. Marx tritt in die
Fußstapfen seines Vorvorgängers Karl Lehman, wird aber in seinem
Reformeifer nicht so frei sein können wie der streitbare Mainzer. Als
Mitglied des päpstlichen Kardinalsrates kann er längst nicht so
locker für wiederverheiratete Geschiedene streiten, wie Lehmann
seinerzeit in der Abtreibungsberatung auf Konfliktkurs zu Rom
gegangen ist. Marx muss theologische Fortschritte immer erst in Rom
durchdrücken, bevor er sie für die deutschen Bischöfe öffentlich
propagieren kann. Fast unmöglich. Bei aller Jovialität und Volksnähe
wird er Enttäuschungen nicht vermeiden können.
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